Besucht am 05.03.2022Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 15 EUR
Wer durch die Innenstadt von Nagold spaziert, kommt garantiert an diesem viel bestaunten und fotografierten Schmuckstück vorbei. Das imposante, beeindruckend sanierte ‚Fachwerkgebäude der „Alten Post“ liegt direkt am Marktplatz und kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. 1697 als Gasthof errichtet, residierte hier ab 1807 eine Poststation auf der Route Stuttgart-Freudenstadt. Heutzutage kann man sein Auto in einem der innerstädtischen Parkhäuser abstellen, mit der sogenannten Kulturbahn (die zwischen Pforzheim und Horb verkehrt) eine der hiesigen Haltestellen anpeilen oder mit dem Bus anreisen. Der zentrale Busbahnhof liegt nur wenige Schritte entfernt.
In seiner wechselvollen Geschichte hat der Gasthof / das Restaurant auch in diesem Jahrhundert mehrere Umbrüche erfahren: Besitzer- und Pächterwechsel, Sanierungen, Renovierungen und Modernisierungen. Trotz mehrerer Anläufe habe ich es in der vergangenen Dekade nie geschafft, hier einzukehren, obwohl der Ort weit oben auf meiner gastronomischen Prioritätenliste stand. Unter der jetzigen Ägide dürfte das Lokal wohl seit 2019 stehen. Und dann setzen ja auch schon bald unheilvolle Zeiten ein.
Wie schön, dass mich jetzt ein Treffen ehemaliger Kollegen in dieses wundervolle Restaurant führt. Wochenends kann man sich auch über eine durchgehende Öffnung freuen, ohne Pause am Nachmittag. Die Kutscherstuben befinden sich ebenerdig im Erdgeschoss, auch wenn ein altes Wirtshausschild noch verkündet: „Restaurant 1. Stock“. Beim Eintreten wird man sofort sehr freundlich begrüßt (vom Patron?), beinahe schon freundschaftlich, so dass der kurze Blick auf den Impfnachweis fast beiläufig erfolgt. Am Samstagmittag kurz nach 12 Uhr hat man noch freie Platzwahl in den Kutscherstuben. In diesem Hauptgastraum befinden sich acht Tische unterschiedlicher Größe – vom putzigen Zweiertisch bis hin zur langen Tafel für Großfamilien und Freundeskreise. Dem Innenarchitekten ist eine harmonische Melange aus alten und hochwertigen, modernen Elementen gelungen: über einem rustikalen Holzdielenboden findet man behutsame Eichenoptik, graue Vorhänge, moderne Leuchten und zeitlos klassische Sitzmöbel, die sicherlich vom ortsansässigen Möbelhersteller Rolf Benz stammen.
Sehr schnell erscheint die aufmerksame, fürsorgliche Servicedame mit den Speisekarten am Tisch. Wer das tolldreiste Weinregal am Eingangsbereich bestaunen konnte und nun der Weinkarte ansichtig wird, wird mit größtem Bedauern die Tatsache registrieren, nicht mit der Postkutsche angereist zu sein. Ich entdecke gleich mehrere Favoriten: einen Barbera d´Alba aus dem Piemont (31,50 Euro für die Flasche), einen badischen Spätburgunder von Martin Waßmer (38,50 Euro), einen Carnuntum Zweigelt (24,50 Euro). Aufgrund der eigenen Motorisierung bleibt es heute leider nur bei einer Cola light (3,60 Euro für das 0,33 Liter-Fläschchen).
Zum Essen wähle ich die Kässpätzle mit Beilagensalat für 11,50 Euro. Die Kollegen nehmen große Salate mit gerösteten Maultaschen (11,50 Euro) oder ein beeindruckend üppiges Schwabenpfännle mit Schweinemedaillons, Maultaschen und Spätzle (19,50 Euro). Auf der Karte dominieren gängige schwäbische Spezialitäten vom Rostbraten bis zu Schwarzwaldforellenfilets, alles zu überraschend moderaten Preisen. In der Küche scheint man fix und konzentriert zu agieren, denn die fertigen Speisen landen sehr schnell am Tisch. Und schmecken hervorragend. Mein filigraner Beilagensalat rankt knackig über einem Bett von fast perfektem Kartoffelsalat und feinen Möhrenstiften. Die Kässpätzle ziehen mächtig Fäden und schmecken dank Bergkäse und viel würzig angeschmälzten Zwiebeln sehr rezent. Die Portion ist fast nicht zu wuppen. Auch die deftig angerösteten Maultaschen und das bilderbuchreif großzügige Schwabenpfännle scheinen zu munden. Nach links erhasche ich noch einen raschen Blick auf ein herrliches Dessert, könnte die Eisschokolade mit Baileys und Sahne (5,80 Euro) gewesen sein. Die Dame ist auf jeden Fall mehr als entzückt.
Beim abschließenden Gang auf die Toilette (sehr gepflegt!) entdecke ich noch einen ruhigen, derzeit nicht bespielten Nebenraum mit sehr schönen, künstlerisch gestalteten Milchglasscheiben. Auch der Vorraum mit Bar und kleinem Nebentisch wirkt sehr einladend.
Alles in allem ist der Besuch perfekt: zentrale Lage, gepflegtes Ambiente, zuvorkommender und überaus freundlicher Service, moderate Preise und wohlschmeckende schwäbische Speisen von bester Qualität. Am liebsten würde man danach sein Haupt auf einem (leider nicht verfügbaren) Gästebett ablegen. Das nächste Mal komme ich auf jeden Fall mit der Postkutsche. Oder zumindest mit der Kulturbahn.
Wer durch die Innenstadt von Nagold spaziert, kommt garantiert an diesem viel bestaunten und fotografierten Schmuckstück vorbei. Das imposante, beeindruckend sanierte ‚Fachwerkgebäude der „Alten Post“ liegt direkt am Marktplatz und kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. 1697 als Gasthof errichtet, residierte hier ab 1807 eine Poststation auf der Route Stuttgart-Freudenstadt. Heutzutage kann man sein Auto in einem der innerstädtischen Parkhäuser abstellen, mit der sogenannten Kulturbahn (die zwischen Pforzheim und Horb verkehrt) eine der hiesigen Haltestellen anpeilen oder mit dem Bus... mehr lesen
5.0 stars -
"Gutbürgerlich, gepflegt und gastronomisch auf der Höhe" MinitarWer durch die Innenstadt von Nagold spaziert, kommt garantiert an diesem viel bestaunten und fotografierten Schmuckstück vorbei. Das imposante, beeindruckend sanierte ‚Fachwerkgebäude der „Alten Post“ liegt direkt am Marktplatz und kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. 1697 als Gasthof errichtet, residierte hier ab 1807 eine Poststation auf der Route Stuttgart-Freudenstadt. Heutzutage kann man sein Auto in einem der innerstädtischen Parkhäuser abstellen, mit der sogenannten Kulturbahn (die zwischen Pforzheim und Horb verkehrt) eine der hiesigen Haltestellen anpeilen oder mit dem Bus
Besucht am 18.02.2022Besuchszeit: Abendessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 19 EUR
Wer als Spätzleschwob aufgewachsen und sozialisiert wurde, wird der Kartoffel vermutlich eher etwas distanziert gegenüberstehen. Es sei denn, sie wird als schön knätischiger Kartoffelsalat zum sonntäglichen Braten oder zu den angerösteten Maultaschen serviert. Manch einer steht auch auf eine deftige Kartoffelsuppe mit Saitenwürstle. Doch dann ist eigentlich schon gut. Aus diesem Grunde dürften in Baden-Württemberg typische Kartoffel-Restaurants (so wie ich sie aus nördlicheren Regionen kenne) eher die Seltenheit sein.
In Konstanz jedoch findet man die Tolle Knolle in sehr prominenter und überaus beliebter Lage am Bodanplatz. Vielleicht zehn Schritte vom stark frequentierten Shoppingcenter Lago entfernt, dazu nicht weit vom See und vom Bahnhof – und weniger als 200 Meter von der Schweizer Grenze gelegen. In dem imposanten, rot getünchten Haus im hinteren Bereich des Bodanplatzes residiert das Speiselokal im Erdgeschoss, während in den darüber liegenden Etagen das Hotel Hirschen untergebracht ist, das jedoch unter anderer Leitung steht. Zu früheren Zeiten (wohl zu Beginn des letzten Jahrhunderts) firmierte das gesamte Haus als „Gasthof Helvetia“, wie ich einer alten, stimmungsvollen Fotografie entnehmen kann.
Mein Spontanbesuch in der Tollen Knolle ist eher dem Zufall und den Umständen geschuldet als extra eingeplant. Nach einem Verwandtengeburtstag mit herzhafter Völlerei am Mittag und zu viel Kuchen am Nachmittag bin ich für eine Nacht im Hotel Hirschen einquartiert. Es regnet zum Abend hin, ich habe Durst und könnte auch noch eine Kleinigkeit essen. Schon beim Gang zu meiner Unterkunft entdecke ich das hell beleuchtete Lokal, das offenbar schon am frühen Abend sehr gut besucht ist. Vor dem Haus laden am nächsten Tag, bei besserem Wetter, auch schon einige Tische und Stühle mit warmen Kuschelbezügen und Decken zum Draussensitzen ein.
Drinnen herrscht tatsächlich Hochbetrieb. Es ist laut, warm, umtriebig. Ein freundlicher Kellner empfängt mich gleich am Eingang und weist mir einen der letzten freien Tischchen zu. Bald darauf werden direkt links von mir zwei Schweizer Damen von der Hugo-Fraktion platziert, die signalisieren, dass sie offen für Kontaktaufnahmen sind. Sehr schnell wird es recht eng, vor allem für Gäste mit feuchten Wintermänteln, vollen Einkaufstüten und aufgeweckten Hunden. Der Geräuschpegel erinnert an eine Firmenkantine zur besten Mittagsessenszeit. Aus den Lautsprechern erschallen italienische Klassiker (Volare, oho, cantare, ohoho…), zu denen die Kellner apart hüfteschwingend durchs Lokal tänzeln. Vielleicht war dies hier früher mal eine Pizzeria?
Die Karte weist – wen hätte es erstaunt – hauptsächlich Kartoffelgerichte in allen Variationen auf: Reibekuchen, Rösti, Ofenkartoffeln, Tortilla, Kartoffelgratin, Kartoffelpuffer, Bratkartoffeln, Fritten und etwas, das sich Kartoffelpizza nennt (davon allein 10 verschiedene Variationen). Ein wahres Eldorado für alle Knollenfreunde. Der Spätzlefreund in mir hat hier leider das Nachsehen. Oje. Notgedrungen wähle ich einen Salat mit Thunfisch und Ei (11,80 Euro) und erwarte eher leichte Kost für den Abend. Was man mir dann nach bereits 5 Minuten auf den Tisch stellt, halte ich erst mal für ein Versehen. Ertränkt in Unmengen einer sahnigen Cremesoße gesellen sich der Inhalt einer Thunfischdose zu einem geviertelten Ei, einigen geschmacklosen, ungewürzten Tomatenscheiben, Kidneybohnen und Mais aus der Dose. Wirklich frisch sind nur der grüne Salat und reichlich Zwiebelscheiben. Eine eigentlich ungeniessbare, nur nach Dressing schmeckende Portion. Doch ich schwenke sie mit reichlich Weissweinschorle (3,80 Euro für das Glas) hinunter. Sehr gut ist hier das Weinangebot der örtlichen Spitalkellerei; mein Müller-Thurgau- Bürgertröpfle ist herrlich erfrischend.
Alles in allem verläuft mein Besuch eher unerspriesslich. Die meisten Gäste sind offenbar Touristen und Shoppinggäste (viele aus der nahen Schweiz). Die nahe Shoppingmall Lago spült vermutlich genügend Menschen herüber. Dass ich zum Besuch dieses Lokals gar keinen Nachweis vorzeigen muss, dass der Barkeeper keinen Mundschutz trägt und die meisten Kellner den ihrigen (vermutlich aufgrund der Hitze und der körperlichen Anstrengung) eher am Kinn tragen, ist nicht sehr vertrauenerweckend. Auf den Besuch der Toilette verzichte ich.
Fazit: für Kartoffel-Fans und Gäste, die schnell mal was essen wollen, könnte das Lokal die richtige Wahl sein. Die günstige Lage ist sehr verlockend. Mir persönlich war zu viel Betrieb und Remmidemmi.
Wer als Spätzleschwob aufgewachsen und sozialisiert wurde, wird der Kartoffel vermutlich eher etwas distanziert gegenüberstehen. Es sei denn, sie wird als schön knätischiger Kartoffelsalat zum sonntäglichen Braten oder zu den angerösteten Maultaschen serviert. Manch einer steht auch auf eine deftige Kartoffelsuppe mit Saitenwürstle. Doch dann ist eigentlich schon gut. Aus diesem Grunde dürften in Baden-Württemberg typische Kartoffel-Restaurants (so wie ich sie aus nördlicheren Regionen kenne) eher die Seltenheit sein.
In Konstanz jedoch findet man die Tolle Knolle in sehr... mehr lesen
Tolle Knolle
Tolle Knolle€-€€€Restaurant0753117575Bodanplatz 9, 78462 Konstanz
2.5 stars -
"Volle Knolle" MinitarWer als Spätzleschwob aufgewachsen und sozialisiert wurde, wird der Kartoffel vermutlich eher etwas distanziert gegenüberstehen. Es sei denn, sie wird als schön knätischiger Kartoffelsalat zum sonntäglichen Braten oder zu den angerösteten Maultaschen serviert. Manch einer steht auch auf eine deftige Kartoffelsuppe mit Saitenwürstle. Doch dann ist eigentlich schon gut. Aus diesem Grunde dürften in Baden-Württemberg typische Kartoffel-Restaurants (so wie ich sie aus nördlicheren Regionen kenne) eher die Seltenheit sein.
In Konstanz jedoch findet man die Tolle Knolle in sehr
Besucht am 07.02.20221 Personen
Rechnungsbetrag: 3 EUR
Nicht selten ist ein Besuch der Universitätsstadt Tübingen mit einem Kliniktermin verbunden. Dann ist es natürlich angesagt, sich hernach zu belohnen, besonders gerne auf kulinarische Weise. Das ist in den letzten beiden Jahren leider etwas zu kurz gekommen. Dafür kann man jetzt etliche Neueröffnungen bestaunen und antesten.
Auf dem Weg zum ersten Termin kommen wir mitten in der Altstadt, am Ende der Jakobsgasse (die wie aus der Zeit gefallen scheint, so als ob hier noch Pferdefuhrwerke vorbeikämen und die Weinreben an der Hauswand emporranken) an einer Fensterfront vorbei, hinter der lauter entspannte Menschen sitzen. Das wirkt so verlockend, dass wir später noch einmal vorbeilaufen und einfach eintreten. Was sich hier (ironisch?) „Suedhang“ nennt, liegt wirklich in Tübingens Mitte, eher flach und eben, mit Ausblick auf einen kleinen Platz. Auf den ersten Blick lässt sich nicht sofort erahnen, ob es sich bei dieser Location um ein Jugendhaus, einen Studententreff oder ein Bistro handelt. Der Raum ist maximal minimalistisch eingerichtet: helle Holzdielen, lindgrün getünchte Wände, wenige Tische, eine Theke, ein Wandregal mit vielen akkurat angerichteten Papiertüten, eine Grünpflanze. Alles sehr stylish reduziert.
Ein Blick in die Runde zeigt: hier scheint man sich voll und ganz dem Kaffee verschrieben zu haben. Dieser Ort gehört offenbar dem aufstrebenden neuen Genre der Rösterei-Cafés an. Das ebenfalls minimalistische Angebot umfasst etliche Kaffeevariationen, wenige Kaltgetränke, ein paar ausgewählte Backwaren. Später lesen wir auf der Homepage: „Bis auf drei Items sind nun all unsere Speisen vegan.“ (Huhh, und das im Land der Butterbrezel – ziemlich ambitioniert!). Bestellt wird direkt an der Theke. Mein Flat White (3,80 Euro) wird in einem niedrigen, henkellosen Glasgefäß ausgegeben, kunstvoll bis zum Rand gefüllt, dazu in einem zweiten Glas etwas Wasser. Beides steht auf einer weißen, (vielleicht sogar handgetöpferten?) Keramikschale. Ein Arrangement, bei dem jeder Gast mit einem leichten Tremor oder einem vorangegangenen Termin in der neurologischen Abteilung des Uniklinikums schon gedanklich in Zittern verfällt. Wird einem auf Wunsch aber auch an den Tisch getragen. Der große Cappuccino (über 4 Euro) meiner Begleitung ist ebenfalls perfekt arrangiert und genauso randvoll austariert. Als einfache, unakademische Kaffeetrinker sind wir ganz angetan von Geschmack und Cremigkeit. Mit dem hiesigen Fachvokabular können wir allerdings nicht glänzen. Yemenia, Canephora, German Carranza?? Dass die angebotene Limonade mit Kaffeeblättern und Zitronenverbene versetzt ist, dürfte auch nicht ganz alltäglich sein.
Die wenigen Tische reihen sich an der Fensterfront entlang und tragen alle den kleinen Hinweis, man möge hier nicht seinen Laptop aufklappen und den Ort als Studienzentrum betrachten. Das passt nicht in die Kalkulation. Das „Suedhang“ scheint also eher nicht ein klassisches Kaffeehaus zu sein, in dem man bei einem kleinen Braunen und einem Glas Wasser für wenig Geld dem stundenlagen Müßiggang frönen kann. Dabei sieht man hier ein durchweg sehr jugendliches, studentisches (?) Publikum. Wer unter den älteren Semestern noch mit Sit-Ins sozialisiert wurde, wird über ein hiesiges Angebot namens „Public Cupping“ nicht schlecht staunen. Zitat: „Jeden Freitag ist bei uns Cupping Tag. Ab 18:00 Uhr nehmen wir dich eine Stunde lang mit in die Welt des Kaffees und beantworten all deine Fragen rund um die Bohnen, Prozesse, Import und SUEDHANG.“ Jede Session ist auf sechs Teilnehmer begrenzt und findet derzeit unter Einhaltung der 3G-Regeln statt. Moderne Zeiten!
Exquisit geröstete Kaffeebohnen, 250 Gramm-weise in formschönen Packpapiertüten angeboten und mit jeweils drei Geschmacksnoten klassifiziert, kann man am „Suedhang“ auch kaufen. Ein Kaffee, der nach Maracuja/Minze/ Mandelmus schmeckt? Oder nach Erdbeere/Pflaume/Darjeeling? Dazu fehlt mir, ehrlich gesagt, noch etwas das Sensorium und vor allem die Fantasie. Wir nehmen trotzdem mal eine Packung als Geschenk mit. Über 17 Euro für 250 Gramm sind natürlich ein stolzer Preis.
Das Café ist ein derartiger Renner, dass trotz eisigem Ostwind etliche Gäste, die drinnen keinen Platz mehr finden, vor dem Suedhang hocken, in warmen Decken in die Fensternischen gekuschelt. Selbstredend sollte man als Gast mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs sein. Parkplätze sind in Tübingen eine kostbare Rarität und als wir nach einigem Rumgekurve einen gegenüber des Suedhangs finden (quasi am Nordhang), zahlen wir 2 Euro für die Stunde. Ein weiterer Grund, der leider gegen längeres Verweilen spricht. Egal: uns hat es gefallen, auch aufgrund des puristischen, sehr properen Ambientes und des unglaublich freundlichen, tiefenentspannten Services. Die Butterbrezel kann man ja woanders essen.
Nicht selten ist ein Besuch der Universitätsstadt Tübingen mit einem Kliniktermin verbunden. Dann ist es natürlich angesagt, sich hernach zu belohnen, besonders gerne auf kulinarische Weise. Das ist in den letzten beiden Jahren leider etwas zu kurz gekommen. Dafür kann man jetzt etliche Neueröffnungen bestaunen und antesten.
Auf dem Weg zum ersten Termin kommen wir mitten in der Altstadt, am Ende der Jakobsgasse (die wie aus der Zeit gefallen scheint, so als ob hier noch Pferdefuhrwerke vorbeikämen und die... mehr lesen
5.0 stars -
"Im Abgang Maracuja und Mandelmus" MinitarNicht selten ist ein Besuch der Universitätsstadt Tübingen mit einem Kliniktermin verbunden. Dann ist es natürlich angesagt, sich hernach zu belohnen, besonders gerne auf kulinarische Weise. Das ist in den letzten beiden Jahren leider etwas zu kurz gekommen. Dafür kann man jetzt etliche Neueröffnungen bestaunen und antesten.
Auf dem Weg zum ersten Termin kommen wir mitten in der Altstadt, am Ende der Jakobsgasse (die wie aus der Zeit gefallen scheint, so als ob hier noch Pferdefuhrwerke vorbeikämen und die
Besucht am 05.02.2022Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 13 EUR
Wer in der Neckarstadt Horb (Slogan: „Das Tor zum Schwarzwald“) aus dem Zug steigt und vom Bahnhofsgebäude auf den Vorplatz tritt, dürfte nicht schlecht staunen: gerade gegenüber befindet sich ein imposantes Gebäude, eine wundersame Mischung aus altdeutscher Gemütlichkeit, türmchen- und gaubenverzierter Architektur und freigelegtem (oder nachträglich aufgesetztem?) Fachwerk. Überm Eingang prangt noch in herrlich geschwungener Serifenschrift „Hotel Lindenhof Restaurant“ – wie als Zitat vergangener Zeiten, die vielleicht im letzten, gefühlt fast im vorletzten Jahrhundert verankert scheinen. Darunter gleich mehrfach: „Succulent“. Wer hierbei an Kakteen denkt und mexikanische Küche vermutet, liegt jedoch eher falsch.
Seit 2016 residiert das „Succulent“ in dieser längst aufgelassenen, ehemaligen Schwarzwaldherberge – und das ganz selbstbewusst und selbstverständlich als Chinarestaurant. Ein Publikumsmagnet ist offenbar das wochentägliche Mittagsbüffet für sensationelle 9,00 Euro (für Kinder 6,00 Euro) oder das Abendbüffet für 14,50 Euro. Wie bedauerlich, dass mein spontaner Besuch auf einen Samstag fällt. Da auf meiner Herfahrt kein vernünftiger Bäcker offen hatte und ich gleich noch mit Freunden zu einer kleinen Wanderung verabredet bin, ist Nahrungsaufnahme angesagt – am besten leichte Kost. Mein letzter Besuch eines Chinarestaurants dürfte Jahre zurückliegen und hinterließ auch keine bleibende Erinnerung.
Doch der überaus freundliche Empfang (durch die Chefin?), das rasche, unproblematische Checken der Nachweise und die spontane Sitzplatzwahl gleich in der Nähe zur Theke nehmen mir das leichte anfängliche Fremdeln. Die überaus üppig bestückte Speisekarte weist gefühlt 100 Gerichte in der gewohnten Bandbreite auf, alles zu moderaten Preisen. Knusprig gebratene Ente (die alleine schon in sechserlei Variationen angepriesen wird) oder „Acht Schätze auf der Gusseisenplatte“ wären jetzt vielleicht die falsche Wahl. Etwas halbherzig entscheide ich mich für Tofu mit verschiedenen Gemüse (10,00 Euro). Was dann jedoch schon nach wenigen Minuten heranschwebt (die Schnelligkeit ist für mich immer noch ein ungeklärtes Faszinosum des Chinarestaurants an sich: wie machen die das nur?) ist doch recht üppig. Hier wurden vermutlich ein Pfund Reis (in getrennter Schüssel serviert), mehrere Paprikaschoten und Zwiebeln, eine ganze Packung Tofu und zahlreiche Kolonien an Sojasprossen und Pilzen verarbeitet. Knackig und frisch, auch wenn das Gemüse für meinen Geschmack dann doch noch ein bisschen zu viel Biss hat. Auch etwas mehr Würze hätte nicht geschadet; aber diverse Saucen zum Nachwürzen stehen auf dem Tisch. Um es gleich vorweg zu nehmen: gut gesättigt gehe ich in den Nachmittag, doch ohne Hosenzwicken oder Glutamatjucken. Natürlich wird mir zum Abschluss noch ein obligatorischer Pflaumwein aufs Haus serviert – ein ebenfalls fast schon vergessenes Ritual…
Der Service überzeugt durch große Herzlichkeit und Fürsorge, durch tatkräftigen Fleiß und besonnenen Einsatz. Vermutlich handelt es sich um einen Familienbetrieb und überall im Hintergrund agieren noch helfende Hände. Viele der anwesenden Gäste scheinen zum vertrauten Stammpublikum zu gehören, teilweise duzt man sich. Auch das Mitnahmeangebot scheint gerne angenommen zu werden. Ein Stammgast bringt zwei Körbe vom letztmaligen Transport vorbei und ordert wieder neu („Nr. 74 und 133, wie immer“).
Noch ein paar Takte zum ungewöhnliche Restaurantnamen, der sich glücklicherweise von den zahlreichen Lotus- / Dynasty- / Shaolin- /China-Garden Asienrestaurants Deutschlands abhebt. Überall in den weitverzweigten Sälen und zahlreichen Gaststuben des „Succulent“ wachsen Sukkulente, die man auch von draußen an den Fenstern bewundern kann. Überhaupt erstaunt der innere Kosmos dieses Gebäudes. Auf dem Weg zu den Toiletten werde ich längst vergangener innenarchitektonischer Schönheiten aus früherer Nutzung gewahr. Im Nebenraum kann man „Ente süßsauer“ unter schmiedeeisernen Weinranken genießen. An Wänden und Decken sehr viel grober Rauputz und dunkles Holz. Clash of Cultures und hoher Skurrilitätsfaktor sind also garantiert!
Wer in der Neckarstadt Horb (Slogan: „Das Tor zum Schwarzwald“) aus dem Zug steigt und vom Bahnhofsgebäude auf den Vorplatz tritt, dürfte nicht schlecht staunen: gerade gegenüber befindet sich ein imposantes Gebäude, eine wundersame Mischung aus altdeutscher Gemütlichkeit, türmchen- und gaubenverzierter Architektur und freigelegtem (oder nachträglich aufgesetztem?) Fachwerk. Überm Eingang prangt noch in herrlich geschwungener Serifenschrift „Hotel Lindenhof Restaurant“ – wie als Zitat vergangener Zeiten, die vielleicht im letzten, gefühlt fast im vorletzten Jahrhundert verankert scheinen. Darunter gleich mehrfach: „Succulent“.... mehr lesen
China-Restaurant Succulent
China-Restaurant Succulent€-€€€Restaurant074516277899Bahnhofplatz 8, 72160 Horb am Neckar
4.5 stars -
"Ente süß-sauer unter schmiedeeisernen Weinranken" MinitarWer in der Neckarstadt Horb (Slogan: „Das Tor zum Schwarzwald“) aus dem Zug steigt und vom Bahnhofsgebäude auf den Vorplatz tritt, dürfte nicht schlecht staunen: gerade gegenüber befindet sich ein imposantes Gebäude, eine wundersame Mischung aus altdeutscher Gemütlichkeit, türmchen- und gaubenverzierter Architektur und freigelegtem (oder nachträglich aufgesetztem?) Fachwerk. Überm Eingang prangt noch in herrlich geschwungener Serifenschrift „Hotel Lindenhof Restaurant“ – wie als Zitat vergangener Zeiten, die vielleicht im letzten, gefühlt fast im vorletzten Jahrhundert verankert scheinen. Darunter gleich mehrfach: „Succulent“.
Besucht am 16.01.2022Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 6 EUR
Im Stuttgarter Stadtpalais – respektive Wilhelmspalais – wird gerade eine nette, aufschlussreiche Ausstellung zum örtlichen Namensgeber, dem Württembergischen König Wilhelm II gezeigt. Wer zwischendurch Luft schnappen, sich erfrischen, etwas trinken und essen möchte, ist im Café Drinnen und Draußen gut bedient. Zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter. Auch wenn Mitte Januar ganz einladend hinterm Haus Tische und Stühle aufgebaut sind und sehr verlockend Glühwein aus heimischen Gefilden (für 4 Euro, vom Winzer Kern aus dem Remstal) annonciert wird, bietet sich eindeutig das Drinnen an. Dazu gleich vorneweg: das gesamte Haus, inklusive Café, ist barrierefrei erreichbar und begehbar. Kinder haben nicht nur im Stadtlabor im Untergeschoss ihren Spass, sondern können rings ums Haus spielen. Da alles weiträumig konzipiert ist, hat man auch mit einem Kinderwagen keine Probleme.
Im reichhaltigen Angebot des Drinnen&Draußen gibt´s: hausgemachte Suppen, belegte Brötchen und Gebäck, Toast, Focaccia, Blätterteigtaschen und Quiches, diverse Kuchen (die allesamt toll aussehen), heimische Weine, Biere und Säfte (von Beutelsbacher), diverse Kaffee- und Teespezialitäten. Man ordert an der sehr schmucken und adretten Theke, an der auch die hübschen Backwaren präsentiert werden. Der Service agiert flink und konzentriert; zieht sich, wenn wenig los ist, gerne zurück – ist aber auf Wunsch und wenn geläutet wird, sofort wieder zur Stelle. Fragen können präzise beantwortet werden.
Mein großer Kaffee (2,80 Euro) haut voll rein und macht augenblicklich wach. So viel Aroma und kräftigen Geschmack würde man sich immer wünschen. Stammt offenbar von der lokalen Spezialitätenkaffeerösterei CAFFE BRIGADE aus dem Stadtteil Feuerbach, die mir bislang noch unbekannt war. Die leicht aufgeschlagene Milch wird in einem Kännchen dazu gereicht. Da mir leider selten der Sinn nach Kuchen steht, probiere ich ausserdem noch das extra angepriesene Birchermüsli (3,80 Euro) aus. Es ist ein Gedicht! Gut abgehangen und durchgezogen, so fest, dass man die Chose vermutlich stürzen könnte. Mit Joghurt, Haferflocken, Honig, geriebenen Äpfeln, Heidelbeeren. Obendrauf als essbare Dekoration etwas Minze und eine Physalis.
Das vom Architekturbüro Lederer + Ragnarsdóttir + Oei umgebaute Stadtpalais wirkt in seiner klaren Farben- und Formensprache für manche etwas unterkühlt. Mir gefällt es allerdings sehr. Auch das Café Drinnen & Draußen hält sich hier genau an die Vorgaben. Farblich dominieren Schwarz und ein helles Beige. Man sitzt an quadratischen, dunklen Holztischen. Die ergonomisch geschwungenen Stühle mit Rattangeflecht erweisen sich als äusserst bequem. Jeder Tisch ist nett, aber unaufdringlich geschmückt – mit einem Blumenarrangement, einem Kräutertopf, einer Kerze. Alles ist megaproper und wie geleckt. Nirgendwo ist auch nur das kleinste Bröselchen zu sehen. Das benutzte Geschirr darf man selbst auf einem Board deponieren, es wird dann sofort abgetragen. Einziges Manko: die Musikbeschallung ist kaum auszublenden und schlichtweg ärgerlich. Hat an einem eher ruhigen Ort wie diesen für meinen Geschmack nichts verloren, behindert eindeutig ein Gespräch oder eine Lektüre.
Wie immer noch ein Wort zu den Toiletten. Sie befinden sich in einem Zwischengeschoss und sind über die Treppe oder den Aufzug erreichbar. Natürlich herrscht auch hier beeindruckende Adrettheit und Sauberkeit. Ein weiteres Wort zur Erreichbarkeit: die U-Bahn-Haltestelle Charlottenplatz liegt quasi unterm Haus. Der Bahnhof oder die S-Bahn-Haltestelle Stadtmitte können gut zu Fuss erreicht werden. Und Autofahrer finden entlang der „Kulturmeile“ ausreichend Parkhäuser. Selbstverständlich kann das Drinnen&Draußen auch ohne Museumszwang besucht werden, es ist jedoch an dessen Öffnungszeiten gebunden, hat also montags geschlossen.
Ob´s wohl auch König Wilhelm hier gemundet hätte? Das kann man gerne vor Ort entscheiden, im Abgleich mit den im 2.OG präsentierten Speise- und Menükarten aus der Zeit.
Im Stuttgarter Stadtpalais – respektive Wilhelmspalais – wird gerade eine nette, aufschlussreiche Ausstellung zum örtlichen Namensgeber, dem Württembergischen König Wilhelm II gezeigt. Wer zwischendurch Luft schnappen, sich erfrischen, etwas trinken und essen möchte, ist im Café Drinnen und Draußen gut bedient. Zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter. Auch wenn Mitte Januar ganz einladend hinterm Haus Tische und Stühle aufgebaut sind und sehr verlockend Glühwein aus heimischen Gefilden (für 4 Euro, vom Winzer Kern aus dem Remstal) annonciert wird, bietet... mehr lesen
Drinnen & Draußen im Stadtpalais
Drinnen & Draußen im Stadtpalais€-€€€Cafe01516 2758177Konrad-Adenauer-Straße 2, 70173 Stuttgart
5.0 stars -
"Royales Ambiente" MinitarIm Stuttgarter Stadtpalais – respektive Wilhelmspalais – wird gerade eine nette, aufschlussreiche Ausstellung zum örtlichen Namensgeber, dem Württembergischen König Wilhelm II gezeigt. Wer zwischendurch Luft schnappen, sich erfrischen, etwas trinken und essen möchte, ist im Café Drinnen und Draußen gut bedient. Zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter. Auch wenn Mitte Januar ganz einladend hinterm Haus Tische und Stühle aufgebaut sind und sehr verlockend Glühwein aus heimischen Gefilden (für 4 Euro, vom Winzer Kern aus dem Remstal) annonciert wird, bietet
Besucht am 13.01.2022Besuchszeit: Mittagessen 1 Personen
Rechnungsbetrag: 3 EUR
Welch glücklicher Umstand und seltener Zufall, wenn plötzlich aufkommender Appetit und das zeichensetzende Mittagsläuten einmal zusammenfallen. Nur etwas ungeschickt, wenn man grade unterwegs ist. In der Vergangenheit war es immer eine gute Idee, Einheimische zu fragen. Das hat schon oft zu guten Empfehlungen geführt.
Die 6000-Seelen-Gemeinde Nufringen ist zwar nicht weit von meinem Heimatort entfernt, wird allerdings nicht von gastronomischen Highlights gekrönt. Selbst Kevin Kugel, der deutsche Chocolatier-Meister anno 2013, ist inzwischen von Nufringen nach Sindelfingen gezogen. Und mit ihm sein wunderschönes, winziges Café. Doch nur wenige Schritte von seinem ehemaligen Laden entfernt, direkt in Nufringens „Neuer Mitte“ und verkehrsgünstig an der Hauptstrasse gelegen, in einem nigelnagelneuen Gebäude, ist „Wuschels Backstub“ untergebracht. Hätte ich ohne Empfehlung wahrscheinlich schon aufgrund des Namens eher nicht betreten!
Ein weiterer glücklicher Umstand ist nicht zu unterschätzen: entlang der Hauptstrasse locken kostenlose Parkplätze (für 2 Stunden) – und noch etliche sind frei. Die Lokalität liegt zwar im Erdgeschoss, ist aber über einige Stufen erreichbar. Für mobilitätseingeschränkte Personen ist ein Aufzug neben den Treppen eingebaut (hoffentlich braucht man kein Ingenieursstudium, um ihn in Bewegung zu setzen). Wuschels Backstub schmiegt sich L-förmig ums Gebäude. Links kann man in einer Art „Show Baking“ (gibt es den Begriff?) einem Meister seines Fachs beim Teigkneten zuschauen, dann folgt eine beeindruckende, vorteilhaft illuminierte Theke mit Backwaren aller Art (von Apfelkrapfen bis Zwiebelkuchen) , danach ums rechte Eck der gemütliche Part, der einen auf den ersten Blick geradewegs zurück in die Seventies beamt. Bei Sofas, Sesseln und weiterem Interieur dominieren Orange-, Braun- und Gelbtöne, dazu an den Wänden Holzvertäfelung (echt) und am Boden etwas Parkettartiges (fake). Wirkt alles in allem urgemütlich und da reichlich Platz ist, auch sicher. Hier lasse ich mich gerne nieder.
Mit beschlagener Brille lässt sich das Angebot jedoch nur schlecht studieren. Es scheint eine Vielfalt an Frühstücksarrangements zu geben (zu spät für den heutigen Tag), dazu diverse Pizzas, Foccacias, Leberkäsweckles, Fleischküchle, belegte Brötchen, Müsli, Snacks etc. pp. Die beiden Damen an der Theke zeichnen sich durch eine beeindruckende Freundlichkeit, Kundenorientierheit und natürliche gute Laune aus, wie ich sie bestimmt seit Monaten nicht mehr erlebt habe. Hier ist man stolz auf die angebotenen Produkte, kann Auskunft darüber geben und will die Gäste unbedingt beglücken. Welch Engagement! Nach kurzer Beratung nehme ich 1x Focaccia Caprese (3,50 Euro), natürlich noch mal warm gemacht. Schmeckt ungemein würzig, sehr pfeffrig und ich ärgere mich, nicht gleich ein Getränk dazu bestellt zu haben. Zwischen den Teigfladen verbirgt sich jede Menge Frischkäse, Mozzarella, fruchtig-aromatische Tomate, Salat, Kräuter und möglicherweise auch etwas Pestoartiges. Gute Wahl, auch wenn mich danach latenter Durst plagt. Von meiner bequemen Sitzgelegenheit aus kann ich übrigens beobachten, wie in der Mittagspause grössere Menschengruppierungen Wuschels Backstub ansteuern und die Take-Away-Angebote nutzen. Vermutlich verfügen in Nufringen die wenigsten Unternehmen über eine eigene Kantine.
Zum Abschluss gilt es, noch die Toilette zu besuchen. Ganz links, neben der Backstub, führt eine Türe zu einem extra abgetrennten Bereich, der so geschmackvoll und proper eingerichtet ist, als ob es sich um ein Hotelfoyer handelt. Per Zufall lande ich auf der riesigen, heimelig möblierten, gut ausstaffierten und selbstverständliche 1a-gepflegten Schwerbehindertentoilette, die man am liebsten gar nicht mehr verlassen möchte. Wirkt alles noch sehr neu und kaum benutzt. Leider verpasse ich es, beim Abschiednehmen zu erfragen, seit wann Wuschels Backstub existiert. Falls ich in einem halben Jahr wiederkommen sollte, lockt auf jeden Fall eine sonnige Aussenterrasse zum Draussensitzen ein. Dann würde ich schon gerne eines der Frühstücksarrangements goutieren.
Welch glücklicher Umstand und seltener Zufall, wenn plötzlich aufkommender Appetit und das zeichensetzende Mittagsläuten einmal zusammenfallen. Nur etwas ungeschickt, wenn man grade unterwegs ist. In der Vergangenheit war es immer eine gute Idee, Einheimische zu fragen. Das hat schon oft zu guten Empfehlungen geführt.
Die 6000-Seelen-Gemeinde Nufringen ist zwar nicht weit von meinem Heimatort entfernt, wird allerdings nicht von gastronomischen Highlights gekrönt. Selbst Kevin Kugel, der deutsche Chocolatier-Meister anno 2013, ist inzwischen von Nufringen nach Sindelfingen gezogen. Und mit... mehr lesen
4.5 stars -
"Hier legt man gerne eine Mittagspause ein" MinitarWelch glücklicher Umstand und seltener Zufall, wenn plötzlich aufkommender Appetit und das zeichensetzende Mittagsläuten einmal zusammenfallen. Nur etwas ungeschickt, wenn man grade unterwegs ist. In der Vergangenheit war es immer eine gute Idee, Einheimische zu fragen. Das hat schon oft zu guten Empfehlungen geführt.
Die 6000-Seelen-Gemeinde Nufringen ist zwar nicht weit von meinem Heimatort entfernt, wird allerdings nicht von gastronomischen Highlights gekrönt. Selbst Kevin Kugel, der deutsche Chocolatier-Meister anno 2013, ist inzwischen von Nufringen nach Sindelfingen gezogen. Und mit
Besucht am 05.01.20221 Personen
Rechnungsbetrag: 5 EUR
Nach meiner kürzlich recht positiv verlaufenden Erfahrung mit einem überraschend ruhigen Café im sonst trubeligen Sindelfinger Shoppingtempel Breuningerland, laufe ich jetzt etwas aufgeschlossener durch das Böblinger Pendant Mercaden. Bislang war mein Besuch im eher etwas unschönen Klinkerbau gegenüber des Böblinger Bahnhofs auf das Wesentliche beschränkt. Schnell rein und wieder raus. Doch das Mercaden verfügt über gut 15 gastronomische Betriebe, verteilt auf 3 Etagen. Der Vorteil: nur wenige Schritte vom Bahnhof, vom Busbahnhof, vom Ärztezentrum Medicum, von der Post und der Fussgängerzone Bahnhofstrasse gelegen, führen eigentlich alle Wege unweigerlich hier vorbei.
Zugegeben: über das Simitci Café stolpert man nicht so zufällig, da es im Obergeschoss liegt, allerdings direkt bei den Rolltreppen. Eine grosszügige, gut beleuchtete Theke mit Backwaren schirmt das etwas dunklere Café vom Durchgangsverkehr ab. Zu bestaunen ist ziemlich viel Blätterteig- und Filoteiggebäck, augenscheinlich alles sehr herzhaft. Börek und Sesamkringel kennt man ja. Alles andere sieht zumindest optisch schon mal sehr appetitlich aus. Ich kann mich erinnern, dass das Café immer recht gut besucht war. Als ich dieses Mal vorbeikomme – einen Tag vor Dreikönige und nachmittags so gegen 14 Uhr – ist es menschenleer. Obwohl noch Ferien sind. Möglicherweise sind diese Auswirkungen den derzeitigen Beschränkungen bei einem Gastronomiebesuch zuzuschreiben.
Auch ich verhalte mich erst mal zurückhaltend. Der Gastraum ist einfach aber harmonisch möbliert: mit Vierertischen aus hellem Holz und Stühlen mit dunklen, bequemen Schalensitzen. Die reich illustrierte Speisekarte weist eine Vielzahl an Frühstücksvariationen auf, allesamt sehr herzhaft, mit vielen kleinen, auf einzelnen Schälchen arrangierten Bestandteilen. Auf den ersten Blick entdecke ich Arrangements wie „Landfrühstück für 3 Personen“ (39,90 Euro) oder „Ägaisches Landfrühstück für 2 Personen“ (23,90 Euro), dazu ganz viel Oliven, Schafskäse, Tomaten, Gurke, Paprika, Bohnen, Eingelegtes und Saucen, Gebäck in jeglicher Ausprägung. Riesige Mengen, farbenfroh angerichtet, am besten wohl für Freundeskreise und Familien geeignet. Ausserdem werden hausgemachte Tagessuppen, Omelette, Toast und Wraps mit Beilagen angeboten. Dazu noch eine Vielfalt an Mittagsmenüs : von Tortellini über Hamburger bis hin zu Zürcher Geschnetzeltem und Frikadellen im Sesamringnest. Alles ein bisschen multikulti und crossover. Das meiste davon würde aber – den Fotos nach zu schliessen – durchaus meinen Geschmack treffen. Ob die Küche aber momentan überhaupt besetzt ist?
Nach längerem Zaudern beschliesse ich, doch erst mal das Take-Away-Angebot zu nutzen. Die Servicedame wirkt routiniert, versiert, cool, vielleicht auch ein bisschen gelangweilt (angesichts des mangelnden Gastaufkommens?). Beim kleinen Kaffee (2,50 Euro) gibt’s nichts auszusetzen, aber auch nichts besonders hervorzuheben. Dazu nehme ich 1x Kolbörek (3,00 Euro), eine Doppelstange aus Blätterteig, sehr würzig und habhaft mit Spinat (und möglicherweise auch Hackfleisch) gefüllt. Sättigt ungemein und trifft auch meinen Geschmack. Man kann bar oder mit Karte bezahlen – und die Quittung selbst einem kleinen Drucker entnehmen. Somit lässt sich der Kontakt auf ein Minimum beschränken.
Wenn man die Aufzüge des Hauses nutzt, ist auch das Simitci Café im Obergeschoss barrierefrei zu erreichen. Einziges Manko: die zentrale Toilettenanlage des Hauses ist kostenpflichtig, dafür natürlich auch gut gepflegt und sehr proper. Ein riesiges, mehrstöckiges, ebenfalls kostenpflichtiges Parkhaus gehört zu den Mercaden. Ein Einkauf oder Gastronomiebesuch vergünstigt die Parkgebühr. Vor allem die variantenreichen Frühstücksangebote des Simitci Cafés machen mich an. Doch wer weiss, wann die Bedingungen für einen Besuch wieder moderater werden? Das Take-away-Angebot nutze ich sicherlich mal wieder, denn die Auslagen in der Theke wirken einfach zu appetitlich.
Nach meiner kürzlich recht positiv verlaufenden Erfahrung mit einem überraschend ruhigen Café im sonst trubeligen Sindelfinger Shoppingtempel Breuningerland, laufe ich jetzt etwas aufgeschlossener durch das Böblinger Pendant Mercaden. Bislang war mein Besuch im eher etwas unschönen Klinkerbau gegenüber des Böblinger Bahnhofs auf das Wesentliche beschränkt. Schnell rein und wieder raus. Doch das Mercaden verfügt über gut 15 gastronomische Betriebe, verteilt auf 3 Etagen. Der Vorteil: nur wenige Schritte vom Bahnhof, vom Busbahnhof, vom Ärztezentrum Medicum, von der Post und der... mehr lesen
Simitci Café in den Mercaden
Simitci Café in den Mercaden€-€€€Cafe070 31 6888910Wolfgang-Brumme-Allee 27, 71034 Böblingen
3.0 stars -
"Zwischen Börek und Sesamkringel" MinitarNach meiner kürzlich recht positiv verlaufenden Erfahrung mit einem überraschend ruhigen Café im sonst trubeligen Sindelfinger Shoppingtempel Breuningerland, laufe ich jetzt etwas aufgeschlossener durch das Böblinger Pendant Mercaden. Bislang war mein Besuch im eher etwas unschönen Klinkerbau gegenüber des Böblinger Bahnhofs auf das Wesentliche beschränkt. Schnell rein und wieder raus. Doch das Mercaden verfügt über gut 15 gastronomische Betriebe, verteilt auf 3 Etagen. Der Vorteil: nur wenige Schritte vom Bahnhof, vom Busbahnhof, vom Ärztezentrum Medicum, von der Post und der
Besucht am 20.12.2021Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 8 EUR
Die riesige Sindelfinger Shopping-Mall Breuningerland verfügt über 120 Shops und zahlreiche gastronomische Einrichtungen, von denen ich sicherlich nur einen Bruchteil kenne. Manch einer verbringt hier allerdings ganze Tage, angelockt durch kostenlose Parkplätze, Bushaltestellen vor der Tür, barrierefreien Zugang, gepflegte Toiletten, Air Condition, kostenlose Schliessfächer und ich weiss nicht was alles… Da überwinde ich auch gern mal die Dehnungsfuge zwischen den eigentlich nicht sehr befreundeten Städten Böblingen und Sindelfingen…
In der Weihnachtswoche ist mächtig viel los. Wer sich als „clean“ ausweisen kann, bekommt ein grünes Armbändchen und kann somit ohne lästiges Einlassprocedere alle Shops besuchen. Dermassen aufgeputscht erledige ich mehr als eigentlich geplant – und komme ziemlich erschöpft und dehydriert im oberen Stockwerk an. Eine kleine Pause an einem ruhigen Ort erschiene mir jetzt wie ein Paradies. Ein bisschen halbherzig scanne ich im Vorübergehen die Möglichkeiten ab und entdecke tatsächlich ein herrlich leeres, grossräumiges Lokal, in dem weit verteilt gerade mal eine Handvoll Gäste sitzen. „Calabrese“ schwebt überm Eingang, und wer würde da nicht an kalabrische Spezialitäten und einen herzhaften Antipastiteller denken?
Einige zusammengestellte Bistotische, auf denen sorgsam arrangierte Kontakterhebungsbogen malerisch ausgelegt sind, markieren den Check In. Da das grüne Bändchen hier nicht ausreicht, zeige ich nochmals sämtliche Nachweise vor. Ein höflicher Ober murmelt immer wieder den gleichen Satz, in dem ich schliesslich „Toast“ oder „Prost“ heraushöre und artig nicke, damit man mir endlich Einlass gewährt. Das Paradies entpuppt sich als grosszügiger, weitläufiger, edel möblierter Gastraum. Warme, dunkle Farben herrschen vor: Bistrotische mit schweren Granitplatten, lederbezogene Sitzbänke, bequeme Sessel mit orangen Lehnen in Straussenleder-Optik, ein von Fliesen unterbrochener dunkler Holzdielenboden. Wieso bin ich hier fast alleine, obwohl sich draussen die Massen durch die Gänge schieben?
Der freundliche Kellner (oder ein ebenso adretter Kollege) bringt mir die Karte und lüftet das Geheimnis. Das „Calabrese“ ist ein Eiscafé mit wenig Habhaftem im Angebot. Okay, ein Eisbecher Primavera ist drei Tage vor Heiligabend vielleicht nicht so der Hit. Etwas desorientiert blättere ich durch die umfangreiche Hochglanzspeisekarte und wähle eine Foccacia. Der Kellner geht kurz an die Theke und kommt mit schlechten Nachrichten zurück: Gibt es nicht (mehr?). So schrumpfen die Möglichkeiten sehr zusammen und ich nehme schliesslich einen Toast Italia (4,30 Euro). Dazu etwas aus dem riesigen Kaffeeangebot, auf das ich blindlings tippe.
Der Toast wird kaum 5 Minuten später serviert und sieht genauso aus, wie ich ihn mir in Kalabrien vorstellen würde: einmal diagonal durchgeschnitten und schön kompakt. Etwas mehr Hitze hätte ihm vielleicht gut getan, denn der geschmolzene Mozzarella erstarrt bereits wieder. Und die leider sehr wässrige Tomate verlangt geradezu nach Peffer und Salz. Der Haselnusskaffee (3,90 Euro) war der falsche blinde Tipp, da mit klebrigem Likör versetzt, was leider gar nicht meinem Geschmack entspricht. Naja, selber schuld. Zu allem Überfluss wird noch ein Zuckertütchen dazu gereicht, allerdings keine Milch, die ich aber noch zusätzlich nachbestelle.
Der Service ist überbordend höflich und zuvorkommend, was bei dem zahlenmässigen Verhältnis von Angestellten zu Gästen kaum verwundert. Man fühlt sich hier wie inmitten einer italienischen Grossfamilie oder einem riesigen Freundeskreis. Da ich um die Mittagszeit eintrudele, werden am Nebentisch die Vesperpakete ausgepackt oder eine Abschlussarbeit am Laptop korrigiert. Vom Calabrese-Team wohlgemerkt, nicht von den Gästen…
Obwohl kein Freund von Eisspezialitäten und Süssigkeiten, komme ich gerne im Sommer mal wieder vorbei. Der Service ist erstklassig, das Ambiente überaus gepflegt (bis hin zu den properen Toiletten, die mit kupferfarbenen Fliesen glänzen) und es lockt tatsächlich eine Terrasse zum Draussensitzen ein. Aber dann wähle ich wirklich nur einen schlichten Espresso.
Die riesige Sindelfinger Shopping-Mall Breuningerland verfügt über 120 Shops und zahlreiche gastronomische Einrichtungen, von denen ich sicherlich nur einen Bruchteil kenne. Manch einer verbringt hier allerdings ganze Tage, angelockt durch kostenlose Parkplätze, Bushaltestellen vor der Tür, barrierefreien Zugang, gepflegte Toiletten, Air Condition, kostenlose Schliessfächer und ich weiss nicht was alles… Da überwinde ich auch gern mal die Dehnungsfuge zwischen den eigentlich nicht sehr befreundeten Städten Böblingen und Sindelfingen…
In der Weihnachtswoche ist mächtig viel los. Wer sich als „clean“ ausweisen... mehr lesen
Eiscafé Calabrese · Breuningerland
Eiscafé Calabrese · Breuningerland€-€€€Eiscafe070319250880Tilsiter Straße 15, 71065 Sindelfingen
4.0 stars -
"Ein Paradies der Ruhe" MinitarDie riesige Sindelfinger Shopping-Mall Breuningerland verfügt über 120 Shops und zahlreiche gastronomische Einrichtungen, von denen ich sicherlich nur einen Bruchteil kenne. Manch einer verbringt hier allerdings ganze Tage, angelockt durch kostenlose Parkplätze, Bushaltestellen vor der Tür, barrierefreien Zugang, gepflegte Toiletten, Air Condition, kostenlose Schliessfächer und ich weiss nicht was alles… Da überwinde ich auch gern mal die Dehnungsfuge zwischen den eigentlich nicht sehr befreundeten Städten Böblingen und Sindelfingen…
In der Weihnachtswoche ist mächtig viel los. Wer sich als „clean“ ausweisen
Besucht am 16.12.20212 Personen
Rechnungsbetrag: 32 EUR
Inzwischen ist das Einlassprocedere in der Gastronomie so kompliziert geworden, dass man insgeheim schon wieder nach Lokalen mit Abhol- und Lieferservice Ausschau hält. Vor einem Jahr hat es ja auch geklappt. Bei meinen Recherchen stosse ich überraschend auf das „Kitchen“ in meiner Heimatstadt Böblingen. Obwohl es offenbar schon im letzten Quartal das Jahres 2019 eröffnet wurde, ist seine Existenz bislang komplett an mir vorübergegangen. Trotz absolut zentraler Lage. Zwischen Meilenwerk und Bahnhof am Rande des Böblinger Flugfelds gelegen – mit der malerischen Anschrift „Charles-Lindbergh-Str.“ – verbirgt es sich allerdings im Windschatten einiger neu erstellter, gesichtsloser Bürogebäude. Parken ist hier eher ein Problem, doch dafür sind Bahnhof und Busbahnhof nur wenige Schritte entfernt.
Die verheissungsvolle Homepage verspricht ein biozertifiziertes Restaurant mit beeindruckendem Hygienekonzept. Ein Onlineformular zur Essensbestellung finde ich zwar nicht, die freundlich kooperative Dame am Telefon verspricht mir jedoch am Vorabend, dass ich einfach vor Ort bestellen könne und in 10 Minuten sei das Essen abholbereit. Das klappt – und ich darf sogar im Lokal auf das Essen warten, da kurz vor 12 noch keine anderen Gäste da sind. Auf der Speisekarte finden sich eine Vielzahl von Burger-, Bowls- und Salatvariationen – von ganz klassisch bis vegan/vegetarisch, ausserdem Spiesse und Tellergerichte, Nachspeisen und Fruchtsäfte, Brauspezialitäten, Hausweine mit klingenden Namen („Helene die Leuchtende“) und Cocktails. Da ich nicht unbedingt der Burgerfan bin, bietet sich die Mittagskarte an. Ich bestelle 1x Argentinisches Rinderhüftsteak mit Kräuterbutter, Wilden Kartoffeln und Sour Cream (für unglaubliche 11,90 Euro), 1x gegrilltes Zanderfilet mit Grillgemüse und Rosmarinkartoffeln (12,90 Euro), dazu jeweils ein Beilagensalat (3,50 Euro).
Während es in der Küche mächtig zischt und brutzelt, nutze ich die Gelegenheit, das Ambiente auf mich einwirken zu lassen. Könnte genauso eine Hotellobby in Antalya wie ein kerniges Lokal in Arkansas sein: sehr viel dunkles Massivholz, weich gepolsterte Retro-Sessel und massige, ausladende Ledersofas, dazu Kristallkronleuchter und Leselampen. Dazwischen Bibliotheksregale, deren Bestand ich erst als reine Deko hinnehme. In einem unbeobachteten Moment greife ich einige Bände heraus und sehe erstaunt: alles bibliophile Ausgaben aus dem letzten Jahrhundert, alles echt. Trotzdem wirkt das ganze Interieur irgendwie wie eine Filmkulisse und ein bisschen strange. Soll der unterkühlten Business-Umgebung draussen aber wahrscheinlich einen gemütlichen Gegenpol bieten.
Die übrigens sehr nette und unkomplizierte Servicedame hat nicht zu viel versprochen: in weniger als einer Viertelstunde kann ich das frisch zubereitete Essen mitnehmen. Zuhause beim Auspacken grosse Freude! Das Argentinische Rinderhüftsteak ist von bester Qualität und preislich unschlagbar (vor Begeisterung vergesse ich, ein Foto zu machen). Obwohl medium bestellt, ist es relativ durch, aber immer noch überraschend zart und aromatisch. Mit Kräuterbutter und Sour Creme (in einer extra Plastikschale) hat man nicht gespart. Auch von den Wilden Kartoffeln gibt’s eine Riesenportion. Das Zanderfilet ist auf der Haut gebraten, das mediterrane Grillgemüse und die Rosmarinkartoffeln schwimmen allerdings im Fett (dürfte ruhig weniger sein…). Auch zum relativ unspektakulären Beilagensalat wird ein Öldressing gereicht, das wir zuhause noch mit etwas Balsamicoessig durchmischen.
Alles in allem waren wir vom freundlichen Service, der raschen Zubereitung und der Qualität der Speisen sehr angetan. Die Mittagsangebote werden wir auch in den kommenden Wochen noch mal aufmerksam studieren. Vielleicht lässt das „Kitchen“ in diesem Winter auch seinen Lieferservice wieder aufleben? Sonst lohnt es sich bestimmt, mal vor Ort zu essen. Das Ärztehaus Medicum und der Shoppingtempel Mercaden sind übrigens nur wenige Schritte entfernt – und wer nach dem Essen noch eine Runde drehen will, hat am nahe gelegenen Langen See Gelegenheit dazu.
Inzwischen ist das Einlassprocedere in der Gastronomie so kompliziert geworden, dass man insgeheim schon wieder nach Lokalen mit Abhol- und Lieferservice Ausschau hält. Vor einem Jahr hat es ja auch geklappt. Bei meinen Recherchen stosse ich überraschend auf das „Kitchen“ in meiner Heimatstadt Böblingen. Obwohl es offenbar schon im letzten Quartal das Jahres 2019 eröffnet wurde, ist seine Existenz bislang komplett an mir vorübergegangen. Trotz absolut zentraler Lage. Zwischen Meilenwerk und Bahnhof am Rande des Böblinger Flugfelds gelegen – mit... mehr lesen
Kitchen
Kitchen€-€€€Restaurant07031 205 19 74Charles Lindbergh Straße 7, 71034 Böblingen
4.0 stars -
"Im Windschatten von Charles Lindbergh" MinitarInzwischen ist das Einlassprocedere in der Gastronomie so kompliziert geworden, dass man insgeheim schon wieder nach Lokalen mit Abhol- und Lieferservice Ausschau hält. Vor einem Jahr hat es ja auch geklappt. Bei meinen Recherchen stosse ich überraschend auf das „Kitchen“ in meiner Heimatstadt Böblingen. Obwohl es offenbar schon im letzten Quartal das Jahres 2019 eröffnet wurde, ist seine Existenz bislang komplett an mir vorübergegangen. Trotz absolut zentraler Lage. Zwischen Meilenwerk und Bahnhof am Rande des Böblinger Flugfelds gelegen – mit
Besucht am 06.12.20211 Personen
Rechnungsbetrag: 14 EUR
In wechselvollen Zeiten, in denen manch anderes Lokal um seine Zukunft bangen oder gar schließen muss, eröffnet am Alten Bahnhof in Holzgerlingen das Schilling mit Bravour seine Pforten. Unter der Ägide der erfahrenen Gastronomin Michaela Arzt, die zuvor schon lange Jahre in Böblingen gewirkt hat. Seit ich mich erinnern kann, wird der frühere Bahnhof der expandierenden Schönbuchgemeinde von verschiedenen Betreibern gastronomisch bespielt. Über sechs Monate, also den ganzen Sommer hinweg, wurde die bisherige Lokalität entkernt, saniert, renoviert und von Grund auf neu ausstaffiert. Viel offenliegendes Holz und eine alte Steinfassade konnten erhalten werden, doch ansonsten strahlt der Ort einen neuen Charme aus.
Ständig wechselnde Corona-Verordnungen verunsichern Gastronomie und Gäste gleichermaßen. Nach erneuten Nachbesserungen beschließe ich, schnell noch mal das Schilling anzutesten, ehe wieder Erschwernisse hinzukommen. Eigentlich erwarte ich leere Tische, doch der grosszügige Wintergarten, in den ich nach der Anmeldung geleitet werde, ist bis auf wenige Stühle am Rande des Raumes proppevoll. Hier steppt der Bär. Und das an einem Montagvormittag kurz vor 11 Uhr. Die ehemalige Terrasse der Vorgängergastronomie wurde durchgehend ausgebaut und verglast, stylish möbliert und mit Grünpflanzen aufgehübscht. Mehrere Reihen von grün-floral-gemusterten Sofas dominieren den Raum, drumherum luftigleichte Stühle und helle Holztische.
Das Schilling ist an fast allen Tage von 9 bis 23 Uhr geöffnet und bietet alles Wünscheswerte zwischen Frühstück und Absacker. Sehr angenehm für Gäste wie mich, die sich nicht so recht an die traditionellen Essenszeiten halten können. Einerseits findet man hier eine Vielzahl von Frühstücksarrangements - von „Liebelei für Zwei“ bis „Iron Man“, von „Veggie Breakfast“ bis Pancakes oder Weisswürste – andererseits auch Eierspeisen in allen Variationen, Toasts, Pinsa (eine besondere Art von Pizza?), Hauptgerichte und Kindermenüs. Neben den Standardgerichten werden immer auch aktuelle Angebote auf Tafeln annonciert. Am Tag meines Besuchs waren das hippe Kleinigkeiten wie Rote Beete mit Avocado-Dip und Ziegenkäse (8,90 Euro), durchaus Habhaftes wie Zwiebelrostbraten mit Bratkartoffeln oder Lammkarree mit Selleriepüree und Buttergemüse (jeweils um die 22 Euro) oder verschiedene Burger-Variationen (14 Euro). Glücklich, wer hier in einer Gruppe unterwegs ist (eigentlich die meisten Gäste) und einen bunten Querschnitt von allem auf seinem Tisch vorfindet. Noch gar nicht so sehr hungrig, wähle ich einen Toast mit Grillgemüse, zwei Spiegeleiern, hausgemachter Kräuterbutter und Guacamole (9,30 Euro) und einen grossen Kaffee (3,80 Euro).
Wie überall scheint auch dieses aufstrebende Lokal dringend Personal zu benötigen. Auf der Homepage werden noch Köche, Küchenhilfen und Servicekräfte gesucht. Sowohl beim Einchecken als auch beim Warten auf eine Bestellmöglichkeit mache ich mich auf alles gefasst. Es dauert auch ein bisschen, aber die Servicekräfte rufen immerhin von Weitem „Ich komme gleich“ zu. Nachdem meine Bestellung auf den Weg gebracht wurde, geht’s aber ruckzuck voran. Nach gefühlten 10 Minuten steht der Toast schon auf dem Tisch: die Spiegeleier so gebrutzelt, dass das Eigelb beim Reinstechen noch zerläuft; Kräuterbutter, Toast und Grillgemüse gehen eine cremige Symbiose ein; nur die Guacamole scheint mir irgendwie überflüssig. Leider kommt der Kaffee erst etwas später und leider nicht sofort mit extra viel Kaffeesahne, wie gewünscht. Egal, er schmeckt sehr kräftig und aromatisch – doch leider vergesse ich, nach der Rösterei zu fragen (es gäbe ja einige hier auf der Schönbuchlichtung). Auch beim Abtragen und Bezahlen entstehen keine längeren Wartezeiten.
Trotz zufriedenem Genuss fühle ich mich nicht komplett wohl. Etwas zu laute Ambient Music und viele sich unterhaltende Gäste sorgen für einen durchgehenden Geräuschpegel. In Ermangelung einer Garderobe (die ich möglicherweise übersehen habe), knuddeln Wintermantel und Taschen auf einem Stuhl dahin. Sehr angenehm sind indessen die gut ein Dutzend kostenloser Parkplätze vor dem Haus (ich nehme den letzten freien), plus zahlreiche weitere öffentlich Parkplätze nur ein paar Schritte entfernt. Die im Halbstundentakt verkehrende Schönbuchbahn hält direkt vor der Haustüre (wer einen Fensterplatz ergattert hat, kann sich am Trainspotting erfreuen), ebenfalls einige Busse. Ich bin davon überzeugt, dass das Schilling an diesem ausgewählten Standort grossen Erfolg haben wird! Auf der Homepage steht zu lesen: „Täglich erreichen uns über 100 Emails mit Reservierungen“. Oh, herrje….
In wechselvollen Zeiten, in denen manch anderes Lokal um seine Zukunft bangen oder gar schließen muss, eröffnet am Alten Bahnhof in Holzgerlingen das Schilling mit Bravour seine Pforten. Unter der Ägide der erfahrenen Gastronomin Michaela Arzt, die zuvor schon lange Jahre in Böblingen gewirkt hat. Seit ich mich erinnern kann, wird der frühere Bahnhof der expandierenden Schönbuchgemeinde von verschiedenen Betreibern gastronomisch bespielt. Über sechs Monate, also den ganzen Sommer hinweg, wurde die bisherige Lokalität entkernt, saniert, renoviert und von Grund... mehr lesen
Restaurant Schilling am Bahnhof
Restaurant Schilling am Bahnhof€-€€€Restaurant017674606866Bahnhofplatz 1, 71088 Holzgerlingen
4.0 stars -
"Toast inklusive Trainspotting" MinitarIn wechselvollen Zeiten, in denen manch anderes Lokal um seine Zukunft bangen oder gar schließen muss, eröffnet am Alten Bahnhof in Holzgerlingen das Schilling mit Bravour seine Pforten. Unter der Ägide der erfahrenen Gastronomin Michaela Arzt, die zuvor schon lange Jahre in Böblingen gewirkt hat. Seit ich mich erinnern kann, wird der frühere Bahnhof der expandierenden Schönbuchgemeinde von verschiedenen Betreibern gastronomisch bespielt. Über sechs Monate, also den ganzen Sommer hinweg, wurde die bisherige Lokalität entkernt, saniert, renoviert und von Grund
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In seiner wechselvollen Geschichte hat der Gasthof / das Restaurant auch in diesem Jahrhundert mehrere Umbrüche erfahren: Besitzer- und Pächterwechsel, Sanierungen, Renovierungen und Modernisierungen. Trotz mehrerer Anläufe habe ich es in der vergangenen Dekade nie geschafft, hier einzukehren, obwohl der Ort weit oben auf meiner gastronomischen Prioritätenliste stand. Unter der jetzigen Ägide dürfte das Lokal wohl seit 2019 stehen. Und dann setzen ja auch schon bald unheilvolle Zeiten ein.
Wie schön, dass mich jetzt ein Treffen ehemaliger Kollegen in dieses wundervolle Restaurant führt. Wochenends kann man sich auch über eine durchgehende Öffnung freuen, ohne Pause am Nachmittag. Die Kutscherstuben befinden sich ebenerdig im Erdgeschoss, auch wenn ein altes Wirtshausschild noch verkündet: „Restaurant 1. Stock“. Beim Eintreten wird man sofort sehr freundlich begrüßt (vom Patron?), beinahe schon freundschaftlich, so dass der kurze Blick auf den Impfnachweis fast beiläufig erfolgt. Am Samstagmittag kurz nach 12 Uhr hat man noch freie Platzwahl in den Kutscherstuben. In diesem Hauptgastraum befinden sich acht Tische unterschiedlicher Größe – vom putzigen Zweiertisch bis hin zur langen Tafel für Großfamilien und Freundeskreise. Dem Innenarchitekten ist eine harmonische Melange aus alten und hochwertigen, modernen Elementen gelungen: über einem rustikalen Holzdielenboden findet man behutsame Eichenoptik, graue Vorhänge, moderne Leuchten und zeitlos klassische Sitzmöbel, die sicherlich vom ortsansässigen Möbelhersteller Rolf Benz stammen.
Sehr schnell erscheint die aufmerksame, fürsorgliche Servicedame mit den Speisekarten am Tisch. Wer das tolldreiste Weinregal am Eingangsbereich bestaunen konnte und nun der Weinkarte ansichtig wird, wird mit größtem Bedauern die Tatsache registrieren, nicht mit der Postkutsche angereist zu sein. Ich entdecke gleich mehrere Favoriten: einen Barbera d´Alba aus dem Piemont (31,50 Euro für die Flasche), einen badischen Spätburgunder von Martin Waßmer (38,50 Euro), einen Carnuntum Zweigelt (24,50 Euro). Aufgrund der eigenen Motorisierung bleibt es heute leider nur bei einer Cola light (3,60 Euro für das 0,33 Liter-Fläschchen).
Zum Essen wähle ich die Kässpätzle mit Beilagensalat für 11,50 Euro. Die Kollegen nehmen große Salate mit gerösteten Maultaschen (11,50 Euro) oder ein beeindruckend üppiges Schwabenpfännle mit Schweinemedaillons, Maultaschen und Spätzle (19,50 Euro). Auf der Karte dominieren gängige schwäbische Spezialitäten vom Rostbraten bis zu Schwarzwaldforellenfilets, alles zu überraschend moderaten Preisen. In der Küche scheint man fix und konzentriert zu agieren, denn die fertigen Speisen landen sehr schnell am Tisch. Und schmecken hervorragend. Mein filigraner Beilagensalat rankt knackig über einem Bett von fast perfektem Kartoffelsalat und feinen Möhrenstiften. Die Kässpätzle ziehen mächtig Fäden und schmecken dank Bergkäse und viel würzig angeschmälzten Zwiebeln sehr rezent. Die Portion ist fast nicht zu wuppen. Auch die deftig angerösteten Maultaschen und das bilderbuchreif großzügige Schwabenpfännle scheinen zu munden. Nach links erhasche ich noch einen raschen Blick auf ein herrliches Dessert, könnte die Eisschokolade mit Baileys und Sahne (5,80 Euro) gewesen sein. Die Dame ist auf jeden Fall mehr als entzückt.
Beim abschließenden Gang auf die Toilette (sehr gepflegt!) entdecke ich noch einen ruhigen, derzeit nicht bespielten Nebenraum mit sehr schönen, künstlerisch gestalteten Milchglasscheiben. Auch der Vorraum mit Bar und kleinem Nebentisch wirkt sehr einladend.
Alles in allem ist der Besuch perfekt: zentrale Lage, gepflegtes Ambiente, zuvorkommender und überaus freundlicher Service, moderate Preise und wohlschmeckende schwäbische Speisen von bester Qualität. Am liebsten würde man danach sein Haupt auf einem (leider nicht verfügbaren) Gästebett ablegen. Das nächste Mal komme ich auf jeden Fall mit der Postkutsche. Oder zumindest mit der Kulturbahn.