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Seit 1998 betreibt die Familie Pisano die urige Taverne und seitdem zählt das „La Taverna“ zu den kulinarischen Verlässlichkeiten der südpfälzischen Kleinstadt. Wer keine Lust auf deftige griechische Fleischkost („Sto Castello“ schräg gegenüber), knusprige halbe Hähnchen („Drei Mohren“ quasi ums Eck) oder gehobenere Kreativküche („Zum Riesen“ die Hauptstraße runter) hat, ist hier immer noch gut aufgehoben.
Am Interieur hat sich jedenfalls wenig geändert. Und so wurde es ein erfreulich gemütlicher Abend, den wir in einer lauschigen Ecke zwischen unverputzten Sandsteinwänden bzw. unter rotem Backsteingewölbe verbrachten. Von kleineren Unzulänglichkeiten beim Essen einmal abgesehen, fühlten wir uns im alten Ratskeller gut aufgehoben. Hätten wir da schon die Pizza probiert, wäre die Rechnung auch kulinarisch aufgegangen, zumal bei einem Folgebesuch zur Mittagszeit ihre fluffig-saftige Konsistenz an alte Zeiten erinnerte und auch geschmacklich nichts zu wünschen übrig ließ.
So viel zur Vorgeschichte und dem „Drumherum“. Heute wird die Pizzeria von Paula Pisano alleine geführt. Nach der Trennung von ihrem Mann Guiseppe, der seit diesem Jahr in der Herxheimer „Galerie“ für italienische Momente sorgt, eine mutige Entscheidung. Doch die jungen Servicekräfte italienischer Herkunft signalisieren familiären Zusammenhalt, ohne den die Trattoria wahrscheinlich nicht mehr existieren würde.
Der Empfang fiel an jenem Donnerstagabend angenehm freundlich aus. Wir durften uns ein ruhiges Plätzchen in einem der vielen behaglichen Winkel des Gastraumes aussuchen und hielten auch bald die Speisenkarten in unseren Händen. Der größte Andrang schien an diesem Abend schon vorüber und so zählten wir kurz nach 20 Uhr zu den letzten Neuankömmlingen. Der vordere Teil des beschaulichen Kellergewölbes war noch zur Hälfte mit Gästen gefüllt. In dieser trauten Atmosphäre fühlten sich die noch anwesenden Pärchen, Familien, Freunde oder Kollegen sichtlich wohl. Ein unauffälliger Mix aus Alt und Jung sorgte für eine angenehme Geräuschkulisse, bei der die angeregten Unterhaltungen von wohlklingendem Geschirr- bzw. Besteckgeklapper noch untermalt wurden.
Die rotweiß-eingedeckten Tische gemahnten an alte italienische Gasthaustugenden. Zwischen ihnen war ausreichend Platz, um nicht an den Gesprächen der Nachbartische unfreiwillig zu partizipieren. Ein Ort für Romantiker, gewiss. Aber ohne zu dick auftragen zu wollen. Eher was fürs erste Date, bei dem die Umgebung nicht zu laut und schon gar nicht zu hell sein sollte. Und tatsächlich verbreiteten die paar Funzeln an Decke und Wänden alles andere als betriebsame Bahnhofsatmosphäre.
Leicht schummrig ist die ehemalige „Grotte“ auch heute noch ausgeleuchtet und das passt ganz wunderbar zur schlichten Einrichtung. Bei den großformatigen Wandgemälden, auf denen altmodisch gekleidete Menschen an längst vergangene Zeiten erinnern, kann man sicherlich geteilter Meinung sein. Aber auch hier verhindern die gedämpften Lichtverhältnisse allzu viele unnötige Entdeckungen und lassen den Blick am Wesentlichen, nämlich an der Person gegenüber haften. Ach, wie schön, dass es solche Refugien für Freunde essbarer Erinnerungen noch gibt. Der „Italiener ums Eck“, bei dem die Zeit eine Pizza lang stillsteht, darf niemals aussterben, so mein Gedanke an diesem Abend.
Ein Lichtlein wurde entzündet und wäre der Abend nicht in die Zeit meiner absoluten Alkoholabstinenz gefallen, wäre wohl sofort ein Gläschen perlender Lambrusco geordert worden. Stattdessen fand eine Flasche San Pellegrino für gerade noch subventionierbare 4,50 Euro den Weg auf unseren Tisch. Gut, das Italo-Durchschnittsaqua perlte auch und tat ja nicht weh. Beim „Eifelhasch“ (Bitburger) vom Fass muss man da schon vorsichtiger sein. Mit süßem Sprudel zum Radler erhoben, lässt es sich aber halbwegs genießen. Mit 3,30 Euro für den halben Liter war man hier dabei.
Bei über 40 Pasta-Positionen auf der in Ringbuchform mit eingehefteten Klarsichthüllen konzipierten Karte (hatte ich auch schon lange keine mehr in Händen…) wurde uns die Auswahl nicht gerade leicht gemacht. Dazu gesellte sich ein ansehnliches Pizza-Angebot, das dem Nudelreigen in puncto Vielfalt in nichts nach stand. Bei der hausgemachten Pasta gab es einige Entdeckungen, die vom Standardrepertoire gewöhnlicher Pizzerien erfreulicherweise abwichen. So erinnerten mich beispielsweise die Orrechiette alle Cime di Rapa (12,90 Euro) an meinen Apulien-Urlaub, wo das mit Stängelkohl verfeinerte Nudelgericht herkommt.
Tortellacci tricolore, Panzerotti alla siciliana, Cavatelli con Vongole und Triangoli Rucola seien an dieser Stelle exemplarisch für das breite Spektrum an selbstgemachter Pasta genannt, die preislich zwischen 11 und 15 Euro oszillierte. Die lediglich in Einheitsgröße erhältlichen Pizzen durchbrachen dagegen selten die pekuniäre Grenze von 10 Euro. Bei meinem Besuch zur Mittagszeit wurde die Standardkarte von ein paar preisgünstigen Tagesempfehlungen, bei denen auch ein kleiner Beilagensalat inklusive war, ergänzt. Mit ein paar Fleischklassikern (z.B. Scaloppina Valdostana), diversen Risotti und gegrilltem bzw. frittiertem Fisch (Lachs, Dorade und Co.) präsentierte sich das Angebot fast schon unverschämt üppig. Da wird wohl zwangläufig einiges aus der Gefriertruhe kommen, so meine Vermutung, die mich bei meiner Wahl zu einem Al-Forno-Klassiker tendieren ließ.
Die Entscheidung zu Gunsten der „Combinazione“ (8,20 Euro) war gefallen. Meine Begleitung wählte die „Spaghetti la Taverna“ (11 Euro), die mit schwarzen Oliven, Sardellen, scharfen Peperoni, geriebenem Schafskäse, Knoblauch und Tomatensauce nicht hätten deftiger klingen können. Für vorweg gab ich noch eine Tomatencrèmesuppe (4,50 Euro) in Auftrag. Beim Mittagstisch ein paar Tage später wurde die Pizza 4 Stagioni (9,80 Euro) auf meinen Wunsch hin ihrer Artischocken beraubt und durch scharfe Salami ersetzt. Kochschinken, Champignons, Paprika und milde Peperoni gesellten sich beim Belag dazu und lieferten den Geschmack.
Der Pizzaboden war etwas dicker und von luftig weicher Konsistenz. Das Glück kam dampfend aus dem Steinbackofen und es besaß einen kross gebackenen Untergrund, dessen ungleichmäßig verteilte Backbräune von solidem Handwerk kündete. Das Käse-Belag-Verhältnis stimmte zudem. Die Zutaten waren frisch und verliehen den heißen Teigfladen die nötige Saftigkeit und dieses typisch würzige Aroma, das einen gleich an die tief verinnerlichten Esserlebnisse beim Italiener zu Kindertagen erinnerte.
Die Tomatensuppe hatte dagegen eher Durchschnittsniveau. Ein Zuviel an Sahne ebnete sie geschmacklich ein und hinterließ einen eindimensionalen, langweiligen Geschmack am Gaumen, dem jegliche Frische (durch Säure) fehlte. Auch hier liege ich wohl nicht komplett falsch, wenn ich die Herkunft der Grundzutaten dem Konserven- bzw. Tetrapack-Milieu zuordne. Klar, machen das bestimmt viele Italiener genauso, weshalb eine gute Crema Pomodoro heute schon eher die Ausnahme darstellt.
Meine Combi kam dann derart heiß aus dem Steinbackofen, dass ich dem blubbernden Al-Forno-Gericht noch ein wenig Zeit gab, um auf Esstemperatur zu gelangen. Die Mischung aus Bechamel und Tomatensauce vertrug sich gut mit dem gratinierten Käse. Leider wurden die Nudeln (Penne, Tortellini, Fusilli) eine Spur zu lange gekocht, bevor sie ihren Gang in die Auflaufform antraten. Die logische Folge: der 300°-Celsius-Ofen nahm ihnen auch noch den letzten Biss. Schade, denn an der Sauce war nichts auszusetzen, wenn auch eher im geschmacklichen Mainstream angesiedelt. Bei den Spaghetti meiner Begleitung hatte man es dagegen mit der Süffigkeit etwas übertrieben, denn die deftige Tomatensauce hinterließ eine ansehnliche Ölpfütze auf ihrem Teller. Und auch hier hätten die Nudeln bissfester ausfallen können.
Zusammenfassend liegen die Stärken des „La Taverna“ eindeutig im Bereich Pizza, wobei es sicherlich auf einen weiteren Besuch ankäme, um die Pastaqualität noch genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein großes Plus des Traditionslokals ist sein anachronistisch anmutendes Ambiente, bei dem Nostalgiker voll auf ihre Kosten kommen. Auch das freundliche Service-Team und die blitzsauberen Nassräume (sahen frisch renoviert aus…) hinterließen einen positiven Eindruck. Sicherlich spielt die „Taverna“ nicht in der gleichen Liga wie das Mörzheimer „Piccolo Paradiso“ oder das Landauer „Sapori D’Italia“, aber eine gemütliche Alternative für eine schmackhafte Oldschool-Pizza „ums Eck“ ist sie allemal.