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Wollte man in Bremen Küchentrends für Freunde fremdländischer Kulinarik ausmachen, so würde ich indisch (wir aßen im Maharani, Badsha und Kohenoor), türkisch-anatolisch (jünger Adost und Babas), afghanisch (Pamir) und syrisch (Al Dar, Nayla) benennen.
Das Albeek rühmt sich eines Mixes aus syrischer und libanesischer Küche und wurde am 15.10.2017 im Bremer Osten, günstig an einer Kreuzung mit Straßenbahnhaltestelle gelegen, eröffnet. Die Mittagstischkritik im hiesigen Weser-Kurier lobte die „Entführung in den Orient“ und bedachte das Albeek mit 18 von 20 möglichen Sternen.
Nach der guten Esserfahrung vor ziemlich genau einem Jahr im Nayla waren wir neugierig, was uns im Albeek erwartet.
Einen gewissen Eindruck bekommt man auf der Facebookseite https://de-de.facebook.com/Restaurant-Albeek-1521018461296809/, die aber leider nicht die Karte zeigt, was der Wirt Mohamed-Nizar Al Khatib nachholen sollte.
Meine Nayla-Kritik hatte ich mit „Nicht nur für Lehrer“ überschrieben. Diese Specie dürfte am Ostermontagabend im Albeek weniger vertreten gewesen sein.
An drei Tischen vom Phänotyp her einige Gäste aus dem türkisch-nordafrikanischen Raum, ansonsten ein sehr gemischtes deutsches Publikum. Die beiden Pole bildeten eine Runde älterer Paare mit geschminkten Damen, die die Perlen an den Ohren und um den Hals mitgebracht hatten, die ich mal mit „Schwachhauser Runde“, benannt nach dem benachbarten gutbürgerlichen Stadtteil, betiteln möchte und eine „Steintor-Runde“ mit outfitmäßigen Anklängen an den Schwarzen Block. Dazwischen so gediegene Langweiler wie wir. Die meisten Gäste wohl Neugierige und noch keine Stammkundschaft.
Ich ziehe in dieser Kritik gerne direkte Vergleiche mit dem Nayla, weil sich die Karten doch recht ähnlich sind und auch ansonsten einige Parallelen zu bemerken sind, wie mir bei meiner gerade vollzogenen Lektüre der Nayla-Kritik auffällt.
Urteile ich nach der reinen Kochleistung, so würde ich das Nayla vorziehen. Von der Einrichtung her ist das Albeek deutlich aufwändiger und feiner gestaltet als das Nayla. Beim Preis-Leistungsverhältnis geben sich beide nicht viel und wie für das Nayla sollen es auch für das Albeek 3,5 Sterne sein.
Service:
Im Albeek nimmt man am Herd und im Service nur Männer wahr. Der mittelalte Kellner an der Tischfront im weißen, körperbetonten T-Shirt, ist freundlich und sehr zurückhaltend. Das mag auch seinen sehr bescheidenen Deutschkenntnissen geschuldet sein. Bereits bei der telefonischen Tischreservierung war mein erster Ansprechpartner überfordert, meinen simplen Wunsch in eine Eintragung ins dicke Buch umzusetzen und musste mich an einen ordentlich deutschsprechenden Kollegen übergeben. Zurück ins Lokal. Die Frage nach der „Garderobe“ stieß erst einmal auf sprachliches Unverständnis, mit Zeichensprache wurden uns dann die Garderobenhaken gezeigt, die sich im Restaurant verteilen, was sich – behängt - optisch ungünstig bemerkbar macht. Aber für eine geräumige und versteckte Garderobe fehlt es schlicht an Platz.
Auch sein Agieren im Service machte einen unkoordinierten und damit nicht sehr effizienten Eindruck. Wir hatten uns nach einigen Momenten des Beobachtens bereits auf einen langen Abend eingerichtet. Aber es klappte dann alles flotter als befürchtet, so dass wir uns nicht über arg lange Wartezeiten beklagen können. Es lag auch mit daran, dass sich im füllenden Restaurant (das Albeek war ausgebucht), zunehmend die jüngeren Männer, die ansonsten im Parterre im offenen Küchenbereich werkelten, mitbedienten.
Zur Begrüßung wird erst einmal ein Glas heißer Tee serviert. Leider nicht so gut mit Zimt und Kardamom gewürzt wie im Nayla. Dann dauerte es ein wenig, bis uns die Karten gereicht wurden und wir einen Getränkewunsch anbringen konnten. Die Schwachhauser-Runde in guter Trinklaune zeigte nur begrenzte Begeisterung für das gereichte Heißgetränk, das die Weinorder merklich hinauszögerte.
Zwei Arrak auf Eis sollten es dann als Aperitif sein. Gebracht wurde einer im Schnapsglas durch einen der jüngeren Männer. Unserem Wunsch „auf Eis“ kam man dann etwas unbeholfen im zweiten Anlauf dadurch nach, dass man einen Eiswürfel im 4-cl-Glas mit dem Schnaps unterbrachte.
In den Abläufen steckt noch reichlich Optimierungspotential und für die Kommunikation mit den Gästen ist zu wünschen, dass der Hauptkellner an den Tischen deutlich an seinem Deutsch arbeitet und dann sicherlich auch kommunikativer wird.
Auf der Karte steht als Pils Köpi 0,33 mit 3,20 €. Da stutze ich erst einmal, denn man ist bei gezapftem Pils ein glattes Schankmaß gewohnt. Ich gehe aber davon aus, dass hier Flaschenbier ausgeschenkt wurde. Die 0,3-l-Gläser waren übervoll und ohne Schaumkrone gefüllt. Da alle Getränke aus dem nicht einsehbaren Küchenbereich hinter dem offenen Grill im Eingangsbereich in den Service gegeben werden, kann ich meine Vermutung aber nicht weiter durch Beobachtung erhärten. Für eine Flasche Köpi, die im Einkauf in Bremen für 50 Cent zu bekommen ist, sind 3,20 € ein strammer Preis. Eine Flasche Wasser 0,75 l kommt auf 4,90 €.
Die Weinkarte ist überschaubar. Sechs Weine, darunter vier französische ab 4,00 € für 0,2 l. Lediglich ein weißes und rotes Gewächs aus dem Libanon.
Mein libanesischer roter und körperreicher Chateau Ksara für 6,90 € war ansprechend und angesichts eines Internetpreises von gut 10 € für die Flasche 0,75 l auch nicht überzogen bepreist. Noch ein Blick zurück ins Nayla: Dort bietet man immerhin acht libanesische Weine an.
Die Schwachhauser Runde bekam für ihren weißen Flascheinwein keinen Weinkühler auf den Tisch gestellt, aber angesichts der Gruppengröße und des Durstes bestand auch kein Risiko, dass sich der Wein in der Flasche erwärmte.
Essen:
Die Karte ist eine Überraschung, denn sie wird nicht nur auf der Facebookseite vorenthalten, sondern auch dem Interessenten, der vor dem Albeek steht: Aushang Fehlanzeige! Im Restaurant gibt es aber die Karte zum Mitnehmen und die habe ich abfotografiert und hoffe, dass die Lesbarkeit zumutbar ist. Gerafft beschrieben gibt es 12 Vorspeisen, meist für 4,90 €, zwei Salate, zwei Suppen, 16 Fleischgerichte, überwiegend mit Lamm, dreimal Fisch, Gambas und vier vegetarische Gerichte und drei arabische Desserts.
Sechs der Hauptspeisen inkludieren auch sechs verschiedene Vorspeisen, darunter bestimmt gut gehende Hauptspeisenklassiker wie Hackfleischspieße oder Geschnetzeltes vom Rumpsteak. Das verwundert etwas, denn dadurch kannibalisiert sich das Albeek seine Vorspeisenkarte. Auf dem Nachbartisch hatte das Paar aber eine solche Kombiorder getätigt und vier Dreierschalen auf dem Tisch. Das sah beeindruckend aus.
Ich nahm zur Sicherheit aber erst einmal die Linsensuppe nach arabischer Art (3,50 €). Wie erwartet püriert und sämig, aber leider nur warm serviert. Obenauf etwas Koriander und ein gröberes rotes Gewürz, das aber nicht herausstach. Geschmacklich etwas an das indische Pendant erinnernd und in Ordnung, aber nicht mehr.
Bei der Wahl der Hauptspeisen hatten wir uns an der Weser-Kurier-Kritik orientiert und einmal Lammhackfleischspieße (14,90 €) und Rindersteak Spezial (17,90 €) mit der gelobten Dihen Al Sabarber-Sauce nach Familienrezept geordert. Beide Gerichte mit jeweils sechs Vorspeisen. Diese werden mit selbstgebackenem Fladenbrot serviert, noch schön warm, aber sehr „aufgeblasen“ und wenn man die Luft rauslässt bleibt eher wenig Krume zum Aufnehmen von Soße und Sud übrig.
Positiv festzuhalten ist, dass wir zwölf verschiedene Vorspeisen in den Schälchen vor uns stehen hatten. Freilich jeweils nur zwei Teelöffel, rein pflanzlich basiert (Aubergine, Zucchini, Paprika, Kartoffel, Artischocke, Champignon, Oliven, Petersilie, Bohnen, Kohlartiges). Da kommt es auf die Würzung an, um dieser nicht gerade exotischen Basis den orientalischen Pfiff zu verpassen. Und der war im Nayla deutlich besser gelungen. Eine Art Paste mit starkem Kreuzkümmelgeschmack, die Oliven, die Artischocke und der Petersiliensalat stachen hier positiv hervor, ansonsten in Ordnung.
Das Ganze machte zwar optisch viel her, aber im Ergebnis waren es zwölf Probierportionen. Bei einem Wiederholungsbesuch würde ich Vorspeisen einzeln ordern, damit ich etwas auf die Gabel bekomme! Meine ständige Begleiterin war hingegen gut angetan von dem bunten Potpourri auf dem ansprechenden weißen Porzellan.
Nach angenehmer Wartezeit bekam ich dann einen Teller mit einer Auflage aus Kichererbsenpüree, auf das dann ein paar Minuten später das Rindergeschnetzelte direkt aus der heißen Pfanne serviert wurde. Alle Fleischstücke waren gleichmäßig zart und die Portion beachtlich. Die Würzung erinnerte mich an das asiatische Five-Spices-Powder. Wie ich mich im Internet belehren ließ, besteht die in der libanesischen Küche verwendete Mischung aus sieben Gewürzen, darunter Koriander, Nelke, Zimt, Kardamom und Kreuzkümmel. Zudem muss scharfer Paprika dran gewesen sein, denn ein Hauch Schärfe war auszumachen. Diese Zubereitung erfüllt die Erwartung ans Orientalische. Dazu ein 08/15-Blattsalat mit einem Joghurtdressing.
Auch gut die drei Hackfleischspieße auf dem Teller meiner ständigen Begleiterin. Sehr klare Lammnote und gut gewürzt. Im Biss fast kross gegrillt und recht fest.
Der Spiegel aus Tomatensoße war keine Offenbarung. Ich hörte „Tüte“. So weit würde ich nicht gehen, aber halt keine aladinsche Überraschung. Die Gemüse darauf teils mit Biss, teils recht weich (z. B. der Knollensellerie). Eine gut gefüllte Schale mit Reis, dem Mandelsplitter und Rosinen mitgegeben worden waren, machten auch dieses Gericht zu einer ordentlichen Portion.
Der Küche des Albeek möchte ich wünschen, dass sie üppiger mit den Aromaten, die für Nordafrika und Arabien typisch sind, zu Werke gehen. Der erlebte Status quo ist mir nur 3,5 Sterne wert.
Ambiente:
Die Straßenfront des Albeek ist sehr schmal. Eine kleine Terrasse, leicht gegenüber dem Trottoir erhöht und durch ein paar Pflanzkübel von diesem schützend abgegrenzt, mag wenigen Tische in der warmen Jahreszeit Platz bieten.
Durch das Fenster sieht man auf die Edelstahleinrichtung der offenen Küche gleich rechts im Eingangsbereich. Das wirkt erst einmal wie ein Imbiss. Und da auch keine Karte aushängt, erwartet man als unwissender Passant nicht zwingend ein À-la-Carte-Restaurant. Da sollte der Wirt im ureigensten Interesse durch eine auffällige Präsentation der Karte für Passanten nachbessern.
In das eigentliche Restaurant gelangt man über eine halbe Treppe aufwärts und dann gibt es ein optisches Aha-Erlebnis: Hochwertig und stimmig eröffnet sich das Restaurant. Bodenfliesen, Mosaike und die filigranen Decken- und Wandleuchten sind gediegene orientalische Ausstattungsmerkmale. Dazu gesellen sich Dekorationen und Wandgemälde, die Restauranteinrichter für dieses Genre sicherlich vorhalten.
Auf den Tischen zwei Lagen weiße Tischwäsche, eine echte Rose in schlanker Vase, Essig und Öl und zwei Mühlen für Pfeffer und Salz. Man sitzt auf leicht senffarbenen Lederpolstern, die die Stühle und Sitzbänke an den Wänden aufweisen.
Durch die hellen Wände und gut verteilten Leuchten ergibt sich eine sehr angenehme Illumination in dem fensterlosen Restaurant.
Meine ständige Begleiterin hat zwölf Tische gezählt, vom Zweier- bis zum Gruppentisch. Unser Tisch 11 für zwei Personen war angenehm groß. An dem Tisch hinter uns, kaum größer, waren vier Stühle gestellt, was zu argem Platzmangel führt, wenn 24 Vorspeisen zeitgleich aufgetischt werden sollen. Sehr schön ein Tisch in einer Nische mit U-förmiger Sitzbank.
Die Laufwege eher nur für Einbahnverkehr geeignet.
Wenn man einen „Gruppenabend“ im Albeek verbringen möchte und „platzsensible“ Zeitgenossen zur Gruppe gehören, wie ich einer bin, sollte man sich die Mühe machen und im Albeek persönlich vorbeischauen und sich einen der großzügigeren Tisch sichern!
Ganz leichte Orientalenmusik drang aus den Deckenlautsprechern. Zur Erleichterung und Erfrischung geht es eine halbe Treppe abwärts. Dort zwar leicht eng, aber modern.
Insgesamt hat der Wirt für die Einrichtung richtig Geld in die Hand genommen und das Ergebnis lässt sich sehr gut sehen.
Für unseren Tisch 11 und das Ambiente 4,5 Sterne.
Sauberkeit:
Sehr gepflegt. Abgeräumte Tische sollten schneller wieder mit frischer Tischwäsche versehen und eingedeckt werden, um den feinen Eindruck nicht zu beeinträchtigen.