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Mein geschätzter Bremer Mitkritiker Borgfelder hat in seiner Kritik des Chapeau La Vache detailreich über Architektur, Interieur und den Küchenchef berichtet, so dass ich mich ganz auf die Eindrücke beschränken möchte, die ich an einem Donnerstagabend als Gast eines Partnerkollegen gewinnen konnte.
Auch an diesem Abend mit wechselhaftem Wetter füllte sich insbesondere die großzügige Terrasse schnell und als wir gingen waren auch etliche Tische im Innenbereich besetzt. Das Publikum erwartbar bürgerlich im gehobenen Smart Casual.
Ich bin mir sicher, dass dieses Publikum das Chapeau La Vache goutieren wird, bietet es doch einen stilvollen Rahmen für das gepflegte Essen zu zweit, mit der Familie oder im Freundeskreis vis-à-vis vom Bürgerpark mit dem einzigen Bremer Fünfsternehotel und dem angrenzenden größten bürgerlichen Wohnviertel Schwachhausen. Dieses Publikum wird über die Preise nicht die Nase rümpfen und die Küchenleistung wohl überwiegend akzeptieren.
Das Preis-Leistungsverhältnis muss die hohe Investition in das Chapeau La Vache fairerweise berücksichtigen. Die Getränke schlagen dabei gar nicht aus dem Rahmen: Das Mineralwasser (ich meine SP) mit 6,50€/0,75l, das Störtebeker Kellerbier mit 3,50€/0,3l hauen einen nicht um. Der sehr gute Rosé Chateau de L´Aumérade L´Origine aus der Provence ist mit einem milden Aufschlagfaktor von um die drei kalkuliert (6,50€/0,15l, Flasche 27,50€/0,75l). Er war übrigens gut gekühlt und wurde großzügig eingeschenkt. Bei den Speisen sehe ich die Bepreisung kritischer, aber dazu gleich mehr.
Da wir nun aber wegen des Essens das Chapeau La Vache aufgesucht haben, mag ich in der Bewertung des PLV nicht über drei Sterne hinausgehen.
Die Karten und gute Eindrücke vom Gebäude und dem Innenleben vermittelt die Homepage (https://chapeau-la-vache.de/brasserie).
Service
Nachdem man uns platziert hatte und alle Servicekräfte gesichtet worden waren, musste ich für mich ernüchternd feststellen, dass Reizvolles ausblieb: Die schwarz livrierte Brigade besteht ausschließlich aus männlichen Kräften!
Die Gäste werden höflich empfangen und es wurde ein Platz auf der großzügigen Terrasse angeboten. Für die Damen, die ihren Kaschmirpullover nicht zur Hand hatten und ob der eher mäßigen Temperaturen schwankten, ob es auf der Terrasse nicht zu fröstelig sein könne, wurden Decken offeriert.
Auch unser Tisch wurde aufmerksam bedient. Belustigend die Frage, ob wir zu den beiden Bieren, die wir als erstes Getränk gegen den Durst orderten, auch eine Flasche Wasser haben möchten!
Was uns arg missfiel war die schnelle Abfolge von Amuse-Gueule, Vorspeisen und Hauptspeisen. Ich meine, dass dies binnen 45 Minuten ablief. Statt der begrüßenswerten Frage in einem Restaurant dieser Kategorie, ob es nach den Vorspeisen weiter gehen dürfe oder aber ohnehin angemessene Pausen zu gewähren, wurden wir „abgefüttert“. Es drängte sich das Gefühl auf, dass der Tisch an dem Abend nochmals vergeben werden sollte.
Wir hatten vorgehabt, nach dem Essen in die Bar zu wechseln, um unseren Herrenabend mit geistigen Getränken ausklingen zu lassen. Leider geschlossen! Die Begründung freimütig: Wegen des coronabedingten geringen Platzangebots lohne es sich nicht, eine Kraft für den Barbetrieb abzustellen. So fand dann unser Abend ein schnelles Ende.
Für den Service meine Standardbewertung von drei Sternen für eine befriedigende Leistung ohne Ausschläge nach oben.
Essen
Das vom Borgfelder kritisierte Brot wurde wohl ersetzt durch zwei Sorten wohlschmeckendes Baguette, das warm im Korb serviert wurde und durch knusprige Kruste und grobporige Krume überzeugte. Dazu Olivenöl, Meersalz (gähn!) und eine leicht paprizierte Creme. Brot wurde auf Wunsch nachgereicht.
Nach der Lektüre der Borgfelder-Kritik hatte ich für mich die Bouillabaisse wieder gestrichen. Köche sollten es unterlassen, Klassiker „neu zu interpretieren“ nur um der Originalität willen. Das erinnert mich an das missratene, zur Unkenntlichkeit „innovierte“ Labskaus in der Tide auf Norderney.
Ich entschied mich dann für Kopffüßler und orderte erst einmal die gebackenen Calamaretti mit Salatherzen und Knoblauch-Crème Fraîche (14,50 Euro). Mein Gastgeber wählte die gebratene Blutwurst mit Spitzkohl und Püree (12,50 Euro), die ihm nach meiner Erinnerung gut gefiel.
Meine Calamaretti wurden in einem Frittierkörbchen serviert, heiß und knusprig. Das entsprach meinen Erwartungen. Die Salatherzen mit einem dezenten Dressing gingen auch in Ordnung. Nur statt einer geknobten Crème Fraîche war eine süßliche Mayo in das Schälchen gewandert. Für die Calamaretti lasse ich aber gleichwohl knappe vier Sterne springen.
Als Hauptgang sollte der Krake für den Genuss sorgen: Pulpo Sauté mit Grillpaprika, Kapern, Olive und Spargel (26,50 Euro). Nach dem gemischten Oktopuseindruck im Oktopussy auf Norderney, wurde ich auch im Chapeau La Vache leider enttäuscht. In einem tiefen Teller ordentlich portioniert halbe Kartoffeln in der Schale, gegrillte Pimientos, weiche rote Paprikastücke, grüner Spargel, Olivenringe, Kapern und Pesto und einige teils längshalbierte Abschnitte vom Krakenarm. Die Gemüseteile, kräftig gewürzt, wussten zu gefallen. Der Oktopus aber im Anschnitt und Biss gummiartig und deswegen eine Enttäuschung. Für 26,50 Euro hatte ich anderes erwartet und mag dafür nur knappe drei Sterne vergeben.
Mein Gegenüber hatte sich den Loup de Mer mit Ratatouille, Trüffel und Kartoffeln für 29,50 Euro geordert und ließ ein „recht flau“ vernehmen.
Insgesamt also keine kulinarische Offenbarung.