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Während ich schreibe, ist auch die Homepage mit Inhalten online gegangen. Die Galerie zeigt schöne Bilder sowie die Abend-und die Weinkarte, die Wochenkarte dagegen bei Facebook. Nette, sehr persönliche Gestaltung dort.
In Küche werkelt ein Inhaber versiert mit einer Hilfskraft, im Service der andere (namens Schaefer, sic!), mittags und abends jeweils auch mit einer Unterstützung. Alle nicht mehr blutjung und, wenn nicht gelernt, so doch mit Erfahrung in der Gastronomie. Ob diese Besetzung reicht, wird sich zeigen. Bei unseren Besuchen war dies der Fall, zumal am Sonnabend auch die Mittagskraft anwesend war, vermutlich zur Einarbeitung. Es handelt sich übrigens um eine Tochter aus dem Hause Buccini, die schon weiland in der Bottega italiana ihrer Eltern im vorderen Teil des Fedelhörens Service-Erfahrung sammeln konnte.
Im Großen und Ganzen hat die Bedienung gut geklappt, nach dem Jeder-macht-jeden-Prinzip. Dadurch war eine Wein-Nachbestellung zweimal auf die Rechnung gelangt. Dem Chef war das Kassieren und die Weinberatung vorbehalten. Was nach jahrelanger Anstellung in der Bodega Malbec im Kontorhaus ohne Anstrengung gelang. Ansonsten ging Einiges zwar noch etwas holprig. Über die (wenigen) in der Karte verzeichneten, aber noch nicht eingetroffenen Angebote wurde nicht von vornherein informiert. (Mit traumwandlerischer Sicherheit hatte ich sowohl die fehlende Speise als auch den Wein getroffen. Der Auswahlvorgang verzögerte sich dadurch leider zulasten meiner hungrigen Frau. Beim Aperitif wartet sie schon lange nicht mehr, bis ich geruht habe zu wählen...) Die Vorspeisen (aber nicht mehr die Hauptgänge) wurden quer über den Tisch gereicht. Der eine oder andere Spruch war vielleicht etwas flapsig. Alles in allem Kleinigkeiten, die sicher der Eingewöhnung und der Unsicherheit geschuldet waren. Leichte Kritik wurde interessiert zur Kenntnis genommen, mehr aber auch nicht. Gegenüber der überbordenden Herzlichkeit der ehemaligen Inhaberfamilie Stefani hat nun eine deutlich zurückgenommene, hanseatische Stimmung Einzug gehalten. Manchem wird's gut gefallen.
Die Speisen waren ganz überwiegend sehr gut. Ausgerechnet beim Fleisch gab es Anlass zur Kritik.
Aber zunächst ein ganz großes Lob an die Betreiber für ihre Preispolitik bei den Getränken. Offenbar kann doch auf abnorme Wasser-Preise etc. verzichtet werden, ohne, dass deshalb die Speisen extrem werden müssen. Der volle Liter VcA für 5,9€ ist ebenso fair, wie 0,33l für 2,1€. Eine kleine Limo kostet 1,5€! Der offene Wein aus der kleinen Karte ist mit 4,9€ bis 6,8€ das 0,2l-Glas für norddeutsche Verhältnisse keineswegs teuer, erst recht angesichts renommierter Namen. Nochmals: Bravo!
Die kluge Beschränkung auf Qualität statt Quantität gilt auch für die abendliche Speisekarte. Vier Vorspeisen, überwiegend mit Brot, vier Salate, fünf Pastavarianten und drei Hauptgerichte mit Fleisch und zwei mit Fisch. Den Abschluss bilden zwei Dessertangebote. Neben diesen sind eine Vorspeise und je zwei Salate und Nudelgerichte vegetarisch.
Mittags standen bei unserem Besuch eine Tagessuppe für 3,5€ zur Wahl und vier Hauptspeisen zwischen 5,6€ und 7,5€ und (scheinbar) kein Dessert zur Wahl.
Am Abend wählten wir als Vorspeisen mangels der gebackenen Sardinen (die aber sicher beim nächsten Mal) von den Bruschetta-Varianten. Wir entschieden uns einmal für helles Baguette mit Gambas, mildem Chili, Aioli, süßen Tomaten, Basilikum. Das Ganze um etwas Rucolasalat sortiert. Wer's mag... Zum anderen Landbrot mit marinierter Paprika, italienischem Schinken und gehobeltem Pecorino. Im Angebot wäre auch noch der Klassiker, aber mit Parmesan überbacken gewesen. Die Macher sind schlau genug, ihre leckeren Brotangebote nicht mit Amuse zu kannibalisieren. So wird zur Überbrückung der Wartezeit zwar etwas Weißbrot gereicht, aber begleitet von intensiv schmeckenden grünen Oliven mit Stein und etwas marinierter Paprika.
Beide Vorspeisen haben uns gut geschmeckt. Nun gut, vielleicht war eine der Scheiben ein wenig zu lange geröstet worden. Aber ich will ja hier nicht als pingelig gelten. ;-)
Die Garnelenvariante schmackig-cremig. Angenehm gewürzt, nicht scharf. Die rustikale Version kräftiger, eine dickere Scheibe Schinken, die sich gut mit den eingelegten zweierlei Paprika und vor allem den kräftigen Röstnoten des Brotes vertrug. Dazu reichlich gehobelter Hartkäse. Von der Handhabung besteht allerdings Verbesserungsbedarf. Wie bei Schinken so üblich, war dieser nicht durchzubeißen. Aus der Hand gegessen bestand daher die Gefahr, die gesamte Scheibe nebst Gemüse in Öl vom Brot zu ziehen. Den Anblick wollte ich den anderen Gästen doch ersparen, auch wenn es meine Reinigung sicher gefreut hätte. Also wurde mit Besteck gegessen, was angesichts der starken Röstung auch nicht ganz einfach war. Offenbar komme ich um etwas Pingeligkeit einfach nicht herum... Als Wiedergutmachung daher: Die Präsentation war exzellent, sehr Appetit anregend. Übrigens machte hier die Kirschtomate auch kulinarisch Sinn und konnte sogar geschmacklich überraschen. Sie war geschmolzen worden und dann wieder abgekühlt, was für eine weiche Konsistenz und intensives Aroma sorgte.
Nach gerade noch angenehmer Wartezeit kamen die Hauptspeisen. Meine Frau war mit ihrem Kalbsrückensteak gefüllt mit Datteln und Pancetta in Thymianjus, sowie Buttergnocchi und Saisongemüse (Karotten, grüne Bohnen und Blumenkohl) restlos zufrieden. Auch das Fleisch war kräftig angebraten, aber nicht so dunkel, wie es auf den Bildern erscheint. Selten, dass meiner Frau ein Fleischgericht so gut schmeckt.
Ich wählte den Schmortopf vom Rind mit Chorizo, Paprika, Champignons, Chili und Rosmarin dazu Grillkartoffeln. Die sehr reichliche Portion bestach erneut (positiv!) durch kräftige Röstaromen, eine intensive Sauce und perfekt gegarte, trotz Grill "saftige" Kartoffeln. Die Knoblauchwurst war schön ausgewogen und in der Pfanne weder zu scharf noch salzig geworden.
Hier traut sich jemand, kräftig zu braten und zu würzen, was perfekt zur rustikalen Küche passt. Sehr, sehr gut!
Nur leider, leider, war das Fleisch nicht nur stark angebraten, sondern scheinbar auch zu stark weiter gegart worden. Statt zart, fast zerfallend waren die Stücke überwiegend trocken geworden. Mit der knapp bemessenen Sauce bzw. den Gemüsen war es zu essen, aber eben auch nicht der erwartete Genuss. Schade.
Gut, dass wir uns von der Chronistenpflicht zu den beiden Desserts überzeugen ließen. In der Darstellung auf dem Teller wieder sehr gelungen, wäre mir die Panna cotta zwar zu fest geraten, meiner Frau möchte sie so und lobte die gezuckerten Johannisbeeren ebenso, wie die pürierten Beeren und die karamellisierte Feige. Ich war höchst zufrieden mit meinem Joghurt-Beeren-Trifle, das schön geschichtet im Glas serviert wurde. Im Mund konnten dann Kokosflocken und (Obacht!) kleine Scho-ko-la-den-coo-kies für Überraschung sorgen. Mmmmmmh!
Dazu wurde ein Südfranzose empfohlen, den ich verschmähte. Die argentinische Malbec-Cuvee war nicht mitgeliefert worden, so dass es schließlich ein sizilianischer Primitivo für 5,1€ (0,2l) wurde, der zum kräftigen Schmorgericht sehr gut gepasst hat. Gegenüber am Tisch wurde der rheinhessische Blanc de noir vom Merlot für 10 Cent mehr gern nachbestellt. Die Zeit vor dem Essen verkürzte ein Sanbittèr (2,4€) und ein pink Port mit Tonicwater und Zitrone für 6,5€.
Am Montagmittag gefiel mir der gemischte mundgerecht zerpflückte Blattsalat mit hausgemachter Senfsauce (und einem kleinen Blättchen mit braunen Rändern, pingel, pingel) schon gut. Die leicht mehlierten, gebratenen Tintenfischringe waren jedoch wirklich wunderbar zart. Meine Begleitung aß den etwas dickeren, aber lockeren Kräutercrêpe mit Gemüse voller Behagen. Vorher hatte ich eine pürierte Steckrübensuppe, die seltsamerweise nach dem ersten Probieren nicht mehr auf meine Tischseite zurück kam. Zuvor war das Angebot eines zweiten Löffels noch entrüstet zurückgewiesen worden... Ich durfte mich mit dem dunkleren Baguette trösten, das um 12.00 Uhr noch eine sensationelle Kruste hatte. Nach dem Essen wurden wir mit einem Glas der Panna cotta unter den pürierten Beeren aufs Haus erfreut. Aus den Softdrinks hatte ich mir eine Schwarztee-Limonade ausgesucht. Statt Charitea allerdings ein sehr schmackhaftes Gebräu mit dem viel versprechenden Namen Istanbul nights (2,9€). Lecker.
Bewertung für das Essen eigentlich 4,5 Sterne. Nur Kleinigkeiten (leicht verbrannte Brotscheibe, feste Panna cotta, bräunliches Salatblättchen) verhindern die Höchstnote. Aber! So, wie das Fleisch in der Drogerie in Leipzig die Wertung auf 4 Sterne hochgezogen hat, muss es hier wg. des trockenen Schmorgerichts eine Abwertung geben.
Dafür ist das PLV meiner Ansicht nach sehr angemessen. Zu den Getränken hatte ich meine Meinung schon kund getan. Bei den Speisen schlugen das Brot mit Gambas zwar mit 11,30€ zu Buche, die Schinken-Variante dagegen nur mit 6,8€. Ebenso beim Fleisch: Das Kalb mit Pancetta 18,7€, der Rinderschmortopf mit 12,6€. Abends! Das ist in der absoluten Höhe fair, aber vor allem drückt sich die Wertigkeit der Ausgangsprodukte auch nachvollziehbar im Preis aus. Alles in allem sind wir am Sonnabend für zweimal drei Gänge mit drei Gläsern Wein und zwei Aperitifen, aber ohne Kaffee, bei 87,3€ gelandet, Mittags waren ebenfalls ohne Kaffee 22,2€ fällig.
Fazit: Tatsächlich scheint es Thorsten Lehnert und Jens Schaefer gelungen zu sein, mit einer rustikal-hochwertigen Küche eine Nische im gastronomischen Angebot zu finden. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg trotz des etwas schwierigen Standorts.